Indianer, Goten, etc.
: Lichterketten in Entenhausen

■ Nun werden auch die Comics politisch korrekt

„Mach den Schnabel auf gegen Ausländerhaß und Gewalt!“ quakt Donald. Seine Neffen, offensichtlich auf dem Weg zur Mahnwache in Entenhausen, rufen: „Mir nach, Brüder!“ Fred Feuerstein war „schon in der Steinzeit“ gegen Rassismus, Kater Garfield ist „Für Lasagne und gegen Ausländerhaß“. Politiker und Popstars, Kicker und Kindergärtnerinnen, Schauspieler und Schriftsteller haben gegen Ausländerfeindlichkeit in Deutschland protestiert. Bei soviel Engagement und Stabreimen war es nur natürlich, daß nun auch Donald Duck, Lucky Luke und Bugs Bunny in Anzeigenserien „mit Mann und Maus gegen Ausländerhaß und Gewalt“ vorgehen. „Mickey Maus und seine Freunde“, so teilte der Stuttgarter Ehapa-Verlag in einer Presseerklärung stolz mit, gehören schließlich auch zu den „Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“. Ächz.

Mehr noch: „Genau besehen sind sie alle Ausländer.“ Und wer wäre berufener als die Insassen des Comiczoos, seine Klientel zu mehr Zivilcourage zu ermuntern? „Sagt nein, wenn andere Kinder häßliche Witze über Ausländer erzählen. Sagt nein, wenn euch jemand erzählen will, alle Ausländer sind dumm und faul. Sagt nein, wenn ausländische Klassenkameraden herumgeschubst und fertiggemacht werden – denn viele gegen einen ist immer feige!“ Das ist löblich, ungeachtet der Tatsache, daß auch die typische Cartoon-Konstellation „Einer gegen Alle“ feige und gemein sein kann; man denke nur an Obelix' Lieblingssport Römerklatschen. Was Asterix' rassistische Vorurteile betrifft, sitzen die Goten mit Helvetiern, Phöniziern und italischen Centurionen in einem – vollen – Boot; im Ausguck sitzt der dunkelhäutige Pirat. „Das Universum der Andersartigkeit“, gibt selbst der Asterix-Experte André Stoll zu, der sonst der „ethnischen Solidarität“ der Gallier nur heroische Züge abgewinnt, „besteht aus Personen, die durch Prügel, Blamage oder Karikatur der Lächerlichkeit preisgegeben werden.“

„Nirgendwo funktioniert eine multikulturelle Gesellschaft so gut wie in Entenhausen“, behauptet dennoch die Ehapa- Werbung keck. Aber werden nicht Underdogs wie die Panzerknacker von reichen Enten kujoniert? Wie oft ist nicht Onkel Dagobert aufgebrochen, um eingeborene Tölpel in fernen Landen wie „Chaotistan“, „Brutopistan“ oder „Plain Awful“ (Einfach Schrecklich) übers Ohr zu hauen? Allerdings, die Raubzüge des raffgierigen imperialistischen Entenclans fallen humaner aus, seit auch der Disney- Konzern die „politische Korrektheit“ zum Programm erhoben hat. Der große Carl Barks gab noch zu, die wilden Neger-Enten „natürlich immer etwas primitiver gezeichnet“ zu haben. Inzwischen sind die Zeichner und Texter des Disney-Konzerns durch interne Anweisungen dazu vergattert worden, Späße auf Kosten ethnischer Minderheiten zu meiden; man will die Hefte schließlich weltweit verkaufen. Faul in der Sonne dösende Mexikaner oder radebrechende „Muskateller-Indianer“ sind heute in Entenhausen undenkbar; im jüngsten Heft etwa sind die Rothäute verständige Männer in T-Shirts, die von Ehrenhäuptling Goofy vorbildlich gegen weiße Schurken verteidigt werden. Disney-Zeichner geben freilich hinter vorgehaltener Hand zu, daß diese ausländerfreundliche Vorsicht die Abenteuer zahmer macht, als ihnen guttut. „Jeder hat heute Angst, irgend jemanden zu beleidigen“, sagt etwa Bob Foster, „und das schränkt meine Möglichkeiten so stark ein, daß die Strips tatsächlich langweilig werden. Klar, man lacht nicht mehr auf Kosten anderer – aber du siehst ja das Ergebnis.“

„Wie soll man sich freuen, wenn es so viel Elend auf der Welt gibt?“ fragte das früh sensibilisierte Fähnlein Fieselschweif einmal. Wenn nun auch der böhze Onkel Donald sich in die Lichterketten einreiht, ist die Welt reif für ein keimfreies Disneyland. Martin Halter