Front an der Hafenstraße

■ Senat will Sozialwohnungen / Bewohner-Pläne kein Thema, Hafenrand GmbH wird Bauträger

/ Bewohner-Pläne kein Thema, Hafenrand GmbH wird Bauträger

Die Bagger kommen nicht morgen und nicht übermorgen, aber vielleicht etwas später. Der Senat verabschiedete gestern den Bebauungsplan St.Pauli 35. „Damit haben wir nicht die Voraussetzung für den Abriß der Hafenstraßen-Häuser geschaffen, sondern die für Wohnungsbau in den Baulücken“, beeilte sich Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller gestern die Luft aus den Fragen der Journalisten zu nehmen. Soll heißen, daß damit der Abriß der Häuser endgültig vom Tisch ist? „Der Senat hat dazu seine Meinung nicht geändert“, so die Erwiderung der Senatorin. Sie wollte offensichtlich nicht wieder als Vorzeige-Buhfrau alle Schläge alleine kassieren.

Beschlossen wurde folgendes: „Von der Spitzen Ecke an der Hafentreppe bis zum Wohngebäude der Saga an der Davidtreppe soll die Bebauung wieder zu einer geschlossenen Hafenfront St.Paulis führen“. Geschlossene Front machte die Regierungsriege gestern auch gegen die Baupläne aus der Hafenstraße: Die vor wenigen Tagen von den Bewohnern vorgestellten Ideen für die Freiflächen waren dem SPD-Senat keine Diskussion wert. „Wir haben das als neue Form der politischen Kontroverse bewertet“, erläuterte Müller, „eine Debatte fand nicht statt.“

Also kein Gedanke an eine Gemeinnützige Genossenschaft - die, wie die Hafenstraße wünscht - auf dem ehemaligen Bauwagenplatz (östliche Freifläche) neben Wohnungen auch eine Stadtteilhalle, eine Volksküche, einen Kindergarten und Gewerbeflächen bauen soll. Statt dessen rund 70 Sozialwohnungen (sechs Geschosse), die von der Hafenrand GmbH, der Räumungsbetreiberin, errichtet werden sollen. „Der Bauantrag liegt bereits vor“, so Müller. Anvisierter Baubeginn: Frühsommer.

Auch die Grundschule Friedrichstraße kommt bei den Senats-Plänen zu kurz. Da sie demnächst zur Ganztagsschule anvanciert, möchte man auf den westlichen Freiflächen Erweiterungsbauten errichten, bekommt sie aber nicht. Die Schule soll sich auf ihre jetzige Fläche beschränken, kriegt höchstens einen Pavillon am Hafenrand.

Und die Zukunft der bestehenden Häuser? „Darüber werden die Gerichte befinden“, so Traute Müller. Die Prozesse um die Kündigungen werden demnächst vor dem Oberlandesgericht anlaufen. Ansonsten, so Müller, gelte das Regierungsprogramm. Dort heißt es: „Der Senat wird den eingeschlagenen Weg zur Beendigung des Hafenstraßenprojektes mit Nachdruck fortsetzen.“ Etwas zweideutiger verkündete Bürgermeister Voscherau, der wie Müller ansonsten auf die Gerichte verwies, hingegen: „Der soziale Wohnungsbau kann auch Prüfstein für die rechtsstaatliche Normalität in der Hafenstraße sein.“ Also doch noch Hoffnung?

Ja, finden die Bewohner, denn die Zahl ihrer Unterstützer mehrt sich derzeit. Über 500 Menschen, darunter auch Prominenz wie Udo Lindenberg, setzen sich in einem Brief an den Senat für eine offene Diskussion und den Erhalt der Häuser ein. Weitere Unterzeichner sind erwünscht. Sannah Koch