„Sich neigende Afterkarriere“

■ Unternehmens- und Kanzlerberaterin Gertrud Höhler will Schmerzensgeld von „Konkret“ wegen Henscheid-Satire

Berlin/Hamburg (taz) – Die Germanistikprofessorin Gertrud Höhler verlangt vom Hamburger Magazin Konkret und dessen Autor Eckhard Henscheid Schmerzensgeld in noch nicht festgesetzter Höhe. Nach bisherigen Erfahrungen mit juristischem Streit um beleidigende Satire dürfte die Summe bei mindestens 10.000, wenn nicht 20.000 Mark liegen. Empört ist die rechtsintellektuelle Unternehmens- und Kanzlerberaterin aus Paderborn über einen Henscheid-Artikel in Konkret 3/93.

Der befaßt sich mit dem Posieren der Professorin für die Kreditkartenfirma „American Express“. Höhler, die für CDU-Ministerämter immer nur im Gespräch war, wird darin in satirischer Weise als „aufgescheuchte Schwerverrückte“ bezeichnet, die ein „Hundeleben“ lebe, „zäh wie ihre sich neigende Afterkarriere“.

Höhler hatte – im Reitdreß – auf zwei verschiedenen Motiven für die Kreditkarte geworben. Auf einem der von Annie Leibovitz aufgenommenen Bilder saß Höhler am Schreibtisch, ihren Sohn Abel (Twen-Alter) unter ihren Stiefeln auf dem Perserteppich liegend. Auf dem anderen galoppierte sie auf einem Pferd über ein sonnenbeschienenes Feld.

Henscheid kommentiert die arg stilisierte Werbung auf zwei Konkret-Seiten unter anderem mit Sätzen wie: „(...) möchte sie wirklich dergestalt real- und gestaltsymbolisch ihren Herrn Sohn reiten und dann umgekehrt? (...) Hat ihr, vor Abel, eigentlich Kohl schon aufgeritten? Im Schneidersitz von seitwärts oben?“

In einem der taz vorliegenden Schreiben von Höhlers Anwälten an Konkret heißt es, daß der Artikel „die Persönlichkeitsrechte unserer Mandantin auf unverschämteste Weise verletzt“. Eine Unterlassungserklärung von Konkret hat Höhler nach Auskunft ihres Anwalts Michael Nesselhauf bereits durchgesetzt. Der Anwalt kündigte gegenüber der taz einen Prozeß gegen die Zeitschrift an. Konkret bestätigte die Unterlassungserklärung.

Der Satiriker Eckhard Henscheid („Trilogie des laufenden Schwachsinns“) war erst kürzlich vom Verfassungsgericht gedeckelt worden, weil er den Schriftsteller Heinrich Böll in einer Rezension unter anderem als „steindumm“, „talentfrei“ und „harmlosen Knallkopf“ bezeichnet hatte (s. taz vom Dienstag). Dies, so die Karlsruher Richter, sei eine „Schmähkritik“, die die „Menschenwürde“ des Nobelpreisträgers auch posthum verletzen könne. kotte