Mannheim duldet keine Bosnier

■ Ausländeramt verweist Flüchtlinge auf Asylverfahren

Franfurt/Main (taz) – „In Bosnien ist schließlich nicht überall Krieg.“ Mit diesem Hinweis lehnte das Ausländeramt der Stadt Mannheim Ende März die Entgegennahme eines sogenannten Antrags auf Duldung einer aus Bosnien geflohenen Frau mit einem vierjährigen Kind ab. Nach Auffassung des Beamten sei die Frau „illegal“ nach Deutschland eingereist und habe so ihr Recht auf Duldung verwirkt. Seine Empfehlung: Die Bosnierin möge doch bei der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in Karlsruhe einen Asylantrag stellen.

Diese Anleitung zur „mißbräuchlichen Stellung eines Asylantrages“, so der Flüchtlingskreis Mannheim-Nord, gehe auf eine mündliche Anordnung des Mannheimer Oberbürgermeisters Gerhard Winder (SPD) zurück. Bereits Ende Februar hatte Winder dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) brieflich mitgeteilt, daß er sich „gezwungen“ sehe, die hilfesuchenden Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien auf das Asylverfahren zu verweisen. Die Versorgung der rund 3.000 Kriegsflüchtlinge, die sich zur Zeit schon in Mannheim aufhielten, übersteige nämlich schon jetzt die finanziellen Möglichkeiten der Stadt.

Für den evangelischen Flüchtlingskreis steht fest, daß die rechtswidrige Verweigerung der Duldung die Flüchtlinge in die Illegalität treibe – „eine strafbare Handlung“.

Und die Verleitung zur mißbräuchlichen Asylantragstellung durch das Ausländeramt sei nach Paragraph 84 des Asylverfahrensgesetzes gleichfalls strafbar. Eine schwierige Situation der Stadt, so der Theologe Rütermann vom Flüchtlingskreis, dürfe nicht zur „Rechtsbeugung“ führen.

Der Flüchtlingskreis fordert in einem Schreiben an den Oberbürgermeister die umgehende Rückkehr zur gesetzlichen Praxis der Erteilung von Duldung für Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien.

Weiter soll Winder dafür sorgen, daß die Ausreiseaufforderung, Ausweisungsverfügung und Abschiebeandrohung des Ausländeramtes gegen ein bosnisches Kind sofort aufgehoben wird. Das Kind soll des Landes verwiesen werden, obgleich der Vater seit über 20 Jahren in Deutschland arbeitet. kpk