Wg. Schönberg: FDP-Kubicki auf der Kippe

■ Der schleswig-holsteinische FDP-Chef gerät wegen seiner Beratertätigkeit im Deponie-Deal zunehmend in die Defensive

im Deponie-Deal zunehmend in die Defensive

Wenn es um die Affären anderer geht, gibt er sich gern als Saubermann. Noch vor zwei Wochen spielte er, beim Prozeß gegen den ehemaligen Barschel-Sprecher Ahrendsen, den liberalen Chefankläger gegen die SPD. Er unterstellte dem inzwischen zurückgetretenen Sozialminister Günther Jansen indirekt, daß seine Geldzuwendungen an Pfeiffer der Lohn für Falschaussagen des ehemaligen CDU-Medienreferenten gewesen seien.

Nun ist der selbsternannte Affären-Aufklärer selbst tief in die Verstrickungen des Schönberg-Skandals geraten. 860000 Mark hat Kubicki als Berater des mecklenburgisch- vorpommerischen Umweltministeriums bei den Vertragsverhandlungen über die Mülldeponie Schönberg kassiert. Herausgekommen sind Kontrakte, die der Präsident des Landesrechnungshofs des Ost- Bundeslands als „miserabel verhandelte Knebelverträge“ klassifiziert, die dem Land einen Schaden von jährlich 100 Millionen Mark zufügen — Kubicki, ein wahrlich teurer Berater. Die Umweltministerin Petra Uhlmann und ihr Staatssekretär Peter-Uwe Conrad mußten wegen der Schönberg-Kontrakte ihren Hut nehmen. Kubicki aber sieht sich von jeder Schuld frei, alle Vorwürfe gegen ihn seien schlicht „haltlos“.

Die Abwehrschlacht hat begonnen, nun ist Kubicki sein eigener

1Anwalt. Er sammelt Entlastungsmaterial, beruft sich auf sein Unwissen, dementiert. Und interpretiert Fakten so, wie es ihm gerade paßt: Uhlmann und Conrad hätten nicht wegen der von ihm mitverhandelten Schönberg-Verträge gehen müssen, sondern allein deswegen, weil sie ihrer Landesregierung Unterlagen zu dem Mülldeal vorenthalten hätten. So die Kubicki-Sicht der Schweriner Vorgänge.

Ein Gutachten der TU Hamburg- Harburg, das der Deponie mangelnde Sicherheitsstandards attestierte, habe er „nicht gekannt“, als er den Vertrag aushandelte, der dem Land allein die Sanierungskosten für die Deponie aufbürdet. Die SPD hatte Kubicki vorgeworfen, er habe bei den Vertragsverhandlungen zu Ungunsten des Landes „fahrlässig gehandelt“, weil er von der Hamburger Sicherheitsanalyse habe wissen müssen.

Auch davon, daß sein Beratungshonorar mit 860000 Mark ein wenig üppig ausfiel, will der FDP-Chef nichts wissen. Den Vorsitzenden der Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer, Eberhard Becker, spannte er ein, ihm zu attestieren, daß er für seine Tätigkeit gar nicht weniger hätte kassieren dürfen. Becker spurte, bescheinigte Kubicki, daß die Vereinbarung eines Pauschalhonorars unterhalb der Gebührenordnung nicht zulässig ist. Doch solche Pauschalen, das weiß auch Becker, sind bei Fällen mit hohem Streitwert und geringer Beratungstätigkeit allgemeine anwaltliche Geflogenheit.

Daß Kubicki der Landesregierung davon abriet, gegen eine Vereinbarung zu klagen, die dem Lübecker Müllhändler Adolf Hilmer das Liefermonopol für die Deponie bis zum Jahr 2005 einräumt, hat „natürlich“ nichts damit zu tun, daß Hilmer das gleiche Parteibuch besitzt wie Kubicki. Und Hilmer, der nicht nur nach Ansicht des Landesrechnungshofes am meisten von den Schönberg-Verträgen profitiert, ist kein einflußloser FDP-Parteigänger. Der frühere liberale Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann berief den Lübecker 1989 gar in seinen Beraterkreis. Für Kubicki aber war die FDP- Mitgliedschaft des Vertragsgegners und Müll-Monopoly-Gewinners Hilmer nie ein Problem: „Hilmer teilt dieses Schicksal mit vielen anderen.“ Von FDP-Filz also keine Spur.

Gestern nun dementierte Kubicki gegenüber der taz schriftlich, wenn auch mit sechsmonatiger Verspätung, daß seine Kanzlei für Hilmer im Streit mit dem Berliner Bundeskartellamt tätig war: „Das ist so falsch, daß es schon wehtut.“ Der Spiegel, der dies bereits im Herbst 1992 behauptet hatte, wiederum teilte der taz mit, daß er bei seiner Darstellung bleibe. Und der Präses des mecklenburgischen Landesrechnungshofes teilte Ministerpräsident Bernd Seite mit, daß dringend geprüft werden müsse, ob Kubicki wegen der skandalösen Schönberg-Verträge persönlich haftbar zu machen sei. Es wird eng für Kubicki, sehr eng. Marco Carini

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