Müllberg bis zur Rathausspitze

■ Heute Entscheidung über Aus für Mülldeponie Schönberg / Hamburg droht totales Müll-Chaos

/ Hamburg droht totales Müll-Chaos

Der Mann hatte es eilig. Kaum hatte Fritz Vahrenholt erfahren, daß der Schweriner Wirtschaftsminister Conrad-Michael Lehment am Dienstag im Kabinett von Mecklenburg-Vorpommern die Schließung der Mülldeponie Schönberg durchdrücken will, da trommelte der Umweltsenator seine MitarbeiterInnen aus der wohlverdienten Wochenendruhe. Einziges Thema der sonntäglichen Krisensitzung: Wie vermeiden wir das totale Abfallchaos in der Hansestadt?

Doch statt fertiger Lösungen gab es nur Arbeitsaufträge für die 16 Anwesenden. In den kommenden Tagen sollen die BehördenexpertInnen erst in Norddeutschland, dann notfalls in der ganzen Republik nach freien Deponie- und Verbrennungskapazitäten für die Hamburger Neulasten suchen. Vahrenholt versprach: „Ich werde einen Müllnotstand in Hamburg nicht zulassen“. Doch wie er diesen ohne Schönberg verhindern will, weiß der Senator selbst noch nicht.

Noch vor wenigen Wochen hatte Vahrenholt verlautbart, der im Abfallwirtschaftsplan angekündigte Ausstieg der Hansestadt aus der Deponie bis 1996 sei kaum zu schaffen, da Hamburg und auch sein Müll stärker wachse, als noch Ende der 80er Jahre prognostiziert. Am Sonntag aber gab er einen neuen Kurs vor: „Wir müssen da raus, so schnell wie möglich“. Zwar rechnet der Umweltsenator damit, daß der Schließungsplan von Lehment im Schweriner Kabinett heute keine Mehrheit findet, doch sein Vorstoß dürfte nicht der letzte sein. Die behördeninterne Arbeitsgruppe soll deshalb unabhängig von der Kabinettsentscheidung den Schnell-Ausstieg planen. Vahren-

1holt-Sprecherin Silvia Schwägerl: „Schönberg hängt wie ein Damokles-Schwert über uns“.

Was passiert, wenn es fällt, darauf haben die HamburgerInnen vor einem Jahr einen Vorgeschmack bekommen, als die inzwischen zurückgetretene Schweriner Umwelt-

1ministerin Petra Uhlmann mit einer Kontrolle der Deponie die Müll- Anlieferung für wenige Tage lahmlegte. Die Müllberge mußten im Hamburger Hafen drei Tage zwischengelagert werden, Hamburg stand kurz vor dem Müllinfarkt. Sollte die Deponie Schönberg ge-

1schlossen werden, ohne daß die Umweltbehörde Ausweichkapazitäten in petto hat, bekäme es die Hansestadt mit einem Müllberg zu tun, der, auf dem Rathausmarkt gestapelt, schon nach wenigen Wochen die Spitze der Regierungszentrale bedecken würde. Marco Carini