Land Berlin verscherbelt nun sein Tafelsilber

■ Bebautes Ku'damm-Grundstück soll für 110 Millionen an Bendzko gehen

Berlin. Als „attraktives, zentral gelegenes Geschäftshaus“ auf einem „repräsentativen Eckgrundstück in absoluter Toplage“ wird zur Zeit das Haus Kurfürstendamm 26a feilgeboten. Die „Toplage“ Ecke Fasanenstraße verspricht eine gute Rendite, und so haben sich beim Noch-Eigentümer, dem Land Berlin, bereits eine Reihe von Interessenten gemeldet. Mit dem potentesten von ihnen, dem stadtbekannten Immobilienmakler Bendzko, sollen nun Verhandlungen aufgenommen werden. Er beeindruckte das den Verkauf durchführende Bezirksamt Charlottenburg mit seinem „mit Abstand höchsten Gebot“ von 110,3 Millionen Mark sowie einer Mietpreisvorstellung, die sich am „Gewerbemarkt-ortsüblichen Niveau mit angemessenem Interessenausgleich zwischen den Mietparteien“ orientiert. Als besonderes Bonbon bietet er an, „das Dachgeschoß soll ggf. bei Zuschlag während der Olympischen Spiele kostenfrei zur Verfügung stehen“.

Das Charlottenburger Bezirksamt konnte sich auf seiner Sitzung am 30. März diesem Angebot nicht entziehen und beschloß, Verhandlungen aufzunehmen, obwohl die Bezirksverordnetenversammlung sich im Februar gegen einen Verkauf ausgesprochen hatte. Doch war dem Finanzstadtrat Helmut Heinrich (CDU) eine Anweisung seines Parteifreundes, des Finanzsenators Elmar Pieroth, zugegangen, das Gebäude zu veräußern. Der Stadtrat tut nun, wie ihm befohlen, obgleich er bereits einen „Wegfall von Mieteinnahmen in Höhe von derzeit rund 3 Millionen Mark jährlich“ errechnete, denen nur 220.000 Mark an Bewirtschaftungskosten gegenüberstehen.

In Anbetracht dieser Bilanz findet es die baupolitische Sprecherin des Bündnis 90/Grüne, Elisabeth Ziemer, „völlig absurd“, das Gebäude zu veräußern, um kurzfristig Haushaltslöcher zu stopfen und langfristig auf Einnahmen zu verzichten. Sie befürchtet, daß der hohe Kaufpreis eine drastische Mietsteigerung nach sich zieht. Auch für den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD, Helmut Fechner, macht es keinen Sinn, daß das Land die Immobilie verscherbelt, wenn es später damit Gewinn machen kann. Fechner befürchtet, daß damit ein neuer Trend eingeleitet wird, denn es sei das erste Mal, daß ein bebautes Grundstück des Landes veräußert werde. Deshalb, so versichert er, werde das Geschäft die Aufmerksamkeit seiner Fraktion erregen. Diese hätte die Möglichkeit, den Deal noch im Vermögensausschuß des Abgeordnetenhauses zu stoppen. Immerhin hatten sich alle Fraktionen im November 1991 darauf verständigt, daß Grundstücke in der Regel in Erbpacht vergeben werden. Dieter Rulff