Minus Mahagoni

Brasilianische Justiz geht gegen illegalen Mahagoni-Einschlag vor/ Initiative deckt Verträge auf  ■ Aus Rio Astrid Prange

Feine Maserungen auf weinrotem Untergrund – dieser ästhetische Genuß beim Anblick auserwählter Möbelstücke in europäischen Wohnzimmern könnte in Zukunft beachtlichen Einschränkungen unterworfen werden. Der illegale Mahagoni-Einschlag in brasilianischen Indianerreservaten ist aufgrund einer einstweiligen Verfügung zunächst unterbrochen worden.

Auf Anordnung der Richterin Selene Maria de Almeida vom Vierten Bundesgericht aus der Hauptstadt Brasilia ließen die brasilianische Umweltbehörde Ibama sowie die staatliche Indianerschutzorganisation Funai kürzlich die von den Holzhändlern heimlich angelegten Straßen in den Indianerreservaten Trincheira Bacaj, Apitereua und Arauet im Süden des Bundesstaates Par sperren. Auch an andereren Zufahrtsstraßen zu Indianerreservaten wurden Barrieren aufgebaut und tonnenweise illegal gefälltes Mahagoniholz beschlagnahmt.

Die Kontrollaktion wurde durch eine Klage der brasilianischen Initiative NDI (Nucleo de Direitos Indigenas – Zentrale für Indianerrechte), ausgelöst. Der NDI war ein Verkaufsvertrag aus dem Jahre 1988 in die Hände geraten, in dem die offizielle Indianerschutzorganisation Funai der Holzfirma Maginco die Erlaubnis erteilt hatte, 1.500 Mahagonibäume in dem Reservat der Arawet-Indios zu fällen. Nach brasilianischem Recht sind solche Geschäfte unzulässig.

„Selbst wenn die Indios den Holzeinschlag befürworten, ist der Verkauf von Mahagoni illegal“, stellt Greenpeace-Mitglied Jos Augusto Padua klar. Die Reservate gehörten nicht den Indios, sondern dem Bund, der dazu verpflichtet sei, die Gebiete auch für die künftigen Generationen zu erhalten.

Padua organisierte im vergangenen November die aufsehenerregende Besetzung des Sägewerkes Maginco in der Stadt Rio Maria im brasilianischen Bundesstaat Par. Der 33jährige gehört zu den zwanzig Aktivisten, die seit März 1991 in Rio de Janeiro und São Paulo für Greenpeace arbeiten. Der Sturm auf das Sägewerk im Amazonas war das bisher waghalsigste Unterfangen der insgesamt sieben verschiedenen Greenpeace-Aktionen in Brasilien.

Um die Gier nach dem Edelholz, für das auf dem Weltmarkt bis zu 850 Dollar pro Kubikmeter bezahlt werden, zu bremsen, plant Greenpeace für dieses Jahr weitere Überraschungen, insbesondere beim Löschen der wertvollen Ladung in brasilianischen Häfen. Einen Teilerfolg können die Umweltschützer schon für sich verbuchen: Am 5. Januar verpflichtete sich die Vereinigung der Holzexporteure der Bundesstaaten Par und Amap (Aimex) in Belem öffentlich, in Zukunft keine Mahagonibäume mehr aus Indianerreservaten zu exportieren.

Bisher war von den Holzhändlern genau das Gegenteil zu vernehmen. Nach Ansicht von Danilo Remor, Aimex-Vorsitzender und zugleich Inhaber des Maginco-Sägewerks, sollten Indios das Recht zum Holzverkauf haben. „Sie brauchen das Geld zum Überleben“, ist Remor überzeugt. Daß die Mahagonihändler wesentlich mehr auf den Verkauf des wertvollen Tropenholzes angewiesen sind als die Indianer auf die schlechte Bezahlung von Aimex, verschweigt er selbstverständlich. Tatsache sei jedoch, so Greenpeacer Padua, daß die Holzhändler die Indios mit üppigen Geschenken umwerben und die Häuptlinge einzelner Stämme so dazu bringen, ungünstige Verträge zu unterschreiben.

Die Holzindustrie hat den rund 800.000 Quadratkilometer großen Mahagoni-Gürtel (zum Vergleich: die Fläche des wiedervereinigten Deutschlands beträgt 356.955 Quadratkilometer), der quer durch die Amazonasstaaten Brasilien, Bolivien und Peru verläuft, bereits weitgehend abgegrast. Nur in den Indianerreservaten und Naturschutzgebieten, die 40 Prozent der Fläche ausmachen, kommt das Edelholz noch reichlich vor.

Der Kahlschlag hat dazu geführt, daß die brasilianische Regierung bereits vor einem Jahr die im Amazonasgebiet vorkommende Mahagoni-Art Swietenia Macrophylla auf die Liste der 108 vom Aussterben bedrohten brasilianischen Pflanzenarten setzte. Doch ohne öffentlichen Druck, mutmaßt Padua, drohe dem Edelholz dasselbe Schicksal wie seinem Bruder aus der Karibik (Swietenia Mahagony): Durch das übermäßige Roden verringerte sich der genetische Pool, und die Art degenerierte zu sprödem Holz.

Der Handel mit Mahagoni ist wie der Kautschukboom vor hundert Jahren ein für die brasilianische Gesellschaft typisches Geschäft: Er konzentriert große Geldmengen in den Händen von wenigen Auserlesenen. Nach offiziellen Angaben verdiente die Branche 1991 rund 64 Millionen Dollar mit der Ausfuhr von 117.000 Kubikmetern Edelholz. Nach Schätzungen von Greenpeace, die sich auf das enorme Volumen von Steuerhinterziehungen im Holzsektor stützen, wird auf illegalem Wege mehr als das Doppelte an Mahagoni ausgeführt.