Bald "Berufsverbote" bei der Polizei?

■ Innensenator prüft Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz / Ostbeamte werden bereits durchleuchtet / Polizeigewerkschaft begründet Zustimmung mit Belastung von FPR-Angehörigen

Berlin. Das von Sinnkrisen gebeutelte Landesamt für Verfassungsschutz wird sich demnächst wieder eines neuen Daseinszweckes erfreuen können. In der Senatsverwaltung für Inneres wird darüber nachgedacht, bei Anwärtern für den Polizeidienst die Regelanfrage wieder einzuführen. Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) sieht sich dazu durch eine Initiative der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus veranlaßt. Die Christdemokraten hoffen, mit einer Generalüberprüfung das lädierte Image der Ordnungshüter wieder aufzupolieren. Auch die Gewerkschaft der Polizei hält eine solche Maßnahme für „zweckmäßig“. Mit einer Verfassungsschutzanfrage, so erklärte ihr Landesvorsitzender, Burkhard von Walsleben, „könnte weitgehend sichergestellt werden, daß keine Extremisten und ehemalige belastete Stasi- Mitglieder Zugang in die Polizei finden“. Die Gewerkschafter sehen sich zu ihrem Begehren vor allem durch die öffentliche Debatte um die Rechtslastigkeit der Freiwilligen Polizeireserve veranlaßt, die auch ein Resultat einer mangelhaften Überprüfungspraxis gewesen sei. Von Walsleben hat „kein Problem damit“, daß er sich für die Wiedereinführung einer Maßnahme einsetzt, für deren Beendigung auch die Gewerkschaften einst demonstriert haben. Die Regelanfrage bei Bewerbern für den öffentlichen Dienst war in Berlin 1979 abgeschafft worden, nur bei der Polizei wurde sie bis 1991 beibehalten. Seitdem müssen sich nur noch in sicherheitsrelevanten Bereichen tätige Beamte vom Verfassungsschutz überprüfen lassen.

Eine Ausnahme von dieser Regel wurde für Aspiranten aus dem Osten gemacht. Wer, wie der Sprecher der Innenverwaltung, Norbert Schmidt, erklärte, „im Bereich der Sicherheit der DDR tätig“ war, muß sich nicht nur einer Überprüfung anhand der Unterlagen der Gauck-Behörde stellen, sondern sich auch vom Landesamt für Verfassungsschutz durchleuchten lassen. Diese Ungleichbehandlung gegenüber ihren Westkollegen hat bei den Ostpolizisten bereits Unmut hervorgerufen. Der Vorsitzende des Innenauschusses des Abgeordnetenhauses, Helmut Hildebrand, hält eine solche Maßnahme für überflüssig, für den Fraktionsvorsitzenden des Bündnis 90/Grüne, Wolfgang Wieland, stellt sich dabei vor allem die Frage, aus welchen Quellen sich bei den entsprechenden Überprüfungen das Wissen des Verfassungsschutzes speist. Sollte das Landesamt noch über Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit verfügen, wäre dies ein Verstoß gegen das Stasi- Unterlagen-Gesetz, sollte es sich auf Aussagen von ehemaligen Stasi-Mitarbeitern stützen, wären Zweifel an deren Glaubwürdigkeit angebracht. Auch Schmidt fragt sich, welche Erkenntnisse das Landesamt bei diesen Anfragen eigentlich vorliegen hat. Eine Antwort auf diese Frage will das Bündnis 90/ Grüne nun im Abgeordnetenhaus erzwingen.

Nicht nur die Überprüfung der Ostpolizisten ist strittig, auch die Wiedereinführung der Regelanfrage stößt auf Vorbehalte. Während Schmidt darauf verweist, daß eine veränderte politische Situation auch andere politsche Reaktionen erfordere, zweifelt Hildebrand an der Effizienz einer solchen Überprüfung. Der Aufwand würde dabei in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen, denn die Chance, jemanden zu erwischen, sei sehr gering. Das Restrisiko, daß unter Umständen mal ein schwarzes Schaf im Polizeidienst lande, müsse dann politisch vertreten werden. Wieland plädiert zudem aus grundsätzlichen Erwägungen gegen eine Regelanfrage. Diese würde nur zu einer neuen Beschäftigungsmöglichkeit für den Verfassungsschutz führen.

Die Innenverwaltung prüft zur Zeit mögliche datenschutzrechtliche Einwände gegen die Wiedereinführung der Regelanfrage, doch sind diese nicht zu erwarten. Im Mai will Heckelmann endgültig entscheiden, ob er die umstrittene Kontrollmaßnahme wieder einführt. Dieter Rulff