Kein Kahlschlagstück

■ "Kultur ist, wenn man's trotzdem macht

Kein Kahlschlagstück

„Kultur ist, wenn man's trotzdem macht“

„Man kann nur hoffen, daß jede Menge Millionäre mithören!“ darf Norbert Kentrup von den Shakespeares heute abend sein Stoßgebet über den Äther schicken. Und hinterher wird sich ein lustiges Windsor-Weib unterm Rock waschen. Unter dem Titel „Kultur ist, wenn man's trotzdem macht“ (im „Kulturfeature“ auf N3) folgen Bilder der blühenden Bremer Kulturlandschaft: das Museum Weserburg als Vorzeigeprojekt für gelungene Mäzenaten-Finanzierung, die Kammer-Philharmonie als Paradebeispiel für „Erfolg durch Engagement“ und der bejubelte Heyme-Einstand. Da zogen private Mühen große Namen in die Stadt.

Das Bremer Modell: Aus wenig mache mehr! Die Böttcherstraße ist der steinerne Erfolgsnachweis dieser Idee, erinnert der Film. Dann schwenkt die Kamera auf jene Kulturplätze, deren Finanzierung bei gefülltem Bremer Säckel wohl außer Frage stünde: Auf das Landesmuseum, die Kunsthalle, den Schlachthof, die Kammerphilharmonie und die Shakespeare- Company. Da werden manche aus der Nachtschattenkultur die Zähne zusammenbeißen müssen, wollen sie die 45 Minuten Sendezeit durchstehen — denn sie kommen nicht vor: Die DACAPOs zum Beispiel. Oder die LagerhäuslerInnen, die Freiraum-TänzerInnen, die Literaphilen, die GaleristInnen — von den Kulturfrauen ganz zu schweigen. Derart wird der traditionelle Kulturbaumbestand ausgeleuchtet, daß in seinem Schatten die kleinen Pflänzchen verschwinden.

„Wir wollten kein Kahlschlag-Stück machen“, sagt Britta-Lübbe, eine von drei AutorInnen. Natürlich — wer den Fokus auf etablierte Kulturräume richtet, macht keinen Film über den Kultur-Kahlschlag. Noch nicht. ede

Heute, N3, 21.35-22.20 Uhr