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Unterm Strich

Aufgemerkt, die Damen: Die Bild-Zeitung lobt den Wettbewerb für das Gesicht '93 aus. Wir sind hin mit dem Gesicht von 92, darin geschrieben steht unsere große Enttäuschung über die nun doch nicht erfolgte Gehaltsangleichung der taz-Mitarbeiter, der Schrecken über den Verlust der sogenannten Körperacren, also Zehen, Kleinstfinger und Nasen (wg. Kälte); des weiteren zu lesen in unserem spätpubertär pausbäckigen Antlitz die klammheimliche Freude über Mia „passive aggressive“ Farrows endgültige Niederlage. Was glauben Sie, was passiert ist? Ausgelacht hat man uns! Der ganze Körper eine einzige Problemzone, hat man uns schallend lachend hinterhergerufen. Geschlagen zogen wir nach Haus, nackend. Aber Sie, meine Damen dort draußen im Lande, noch ungezeichnet von den rauhen Winden, Sie haben doch Chancen, Mensch! Zeigen Sie Visage!

Die Bild-Zeitung hat zu Ostern gütigst fünf Goldregen-Tausender im Lande verteilt, und Gertrud Pfister aus Ainring hat einen davon gefunden. „Vor ein paar Tagen habe ich in Salzburg einen niedlichen Sittich gesehen. Leider reichte das Geld nicht. Aber jetzt hole ich mir den Vogel“, soll Frau Pfister gesagt haben.

Wir möchten Ihnen jetzt gern etwas vortragen. Sie sollten es abends Ihren Liebsten rezitieren, mit Rose zwischen den Zähnen. Es geht so: Wer dächte daß zum Weihnachtsfest/ Cornelia mich sitzen läßt. Und auch um Ostern jetzt/ hat sie mich fast versetzt./ Seither freue ich mich auf Pfingsten/ nicht im geringsten. Wetten, daß die Ihnen nie wieder wegläuft? Wer's lieber wienerisch mag: Diess Ei hier will ich Ihnen verehren/ Und dann ein Jawort von Ihnen hören. Ganz, ganz artig und wesentlich älter auch dies: Auß lauter Lieb/ auß lauter Trey/ schenckh ich dir/ ein Osterei.

Ostereier ihrerseits haben geweiht, aber auch ungeweiht magische Eigenschaften. Man gräbt sie deshalb unter der Türschwelle ein. Eine Feuersbrunst hört auf, wenn man rückwärts ein geweihtes Osterei hineinwirft. Wer sie in die Lache wirft, bringt die Frösche zum Schweigen. Auch die Manneskraft soll günstig davon inspiriert werden.

Keineswegs süße Osterhazys, sondern knorrige Zivilpolizisten erstürmten früh am 21. März das Haus von Hans Söllner, um im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen Söllner mit einem Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsbefehl nach „Betäubungsmitteln der Marke Marihuana“ zu suchen. Grund: „Der Tatverdacht ergibt sich aus einem Interview des Beschuldigten, das am 24.10.1992 in der „Tageszeitung“ (Taz) abgedruckt war. Besitz von Marihuana ist strafbar.“ Hans Söllner übergab den Polizisten dann – nachdem sie einen gemeinsamen Rauch abgelehnt hatten – zwei Gramm Eigenbau „Rosenheimer Südhang“, was die weitere Durchsuchung auf zwei Stunden verkürzte.

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