Zuckerbrot und Peitsche für die Palästinenser

■ Mit der unbefristeten Abriegelung der besetzten Gebiete will die israelische Regierung die Palästinenser zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bewegen

Die Sperrung der besetzten Gebiete soll nach einem Beschluß der israelischen Regierung unbefristet verlängert werden. Mit dieser Maßnahme übt sie weiterhin Druck auf die Palästinenser aus, um sie zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bewegen. Diese Mischung aus Unterdrückungsmaßnahmen und versprochenen Erleichterungen – nachdem das von Washington geforderte definitive Jawort der Palästinenser ohne vorhergehende Lösung der Deportiertenfrage einmal gegeben worden war – steht im Vordergrund des gegenwärtigen Regierungsbeschlusses. Die ursprüngliche „Bevölkerungstrennung aus Sicherheitsgründen“, die vor dem jüdischen Pessach-Fest bei dem Abriegelungsbeschluß ausschlaggebend war, scheint nicht länger zu den primären Überlegungen zu zählen.

Indiz dafür ist schon die Kritik führender Militärstellen an der verlängerten Abriegelung, die sie langfristig für ein gefährliches Sicherheitsrisiko halten. Nach Meinung hoher Offiziere, die die Situation in Gaza-Streifen und Westbank gut kennen, könnte die angespannte Lage in den besetzten Gebieten, aus denen die Palästinenser bereits seit zwei Wochen nicht zur Arbeit nach Israel kommen dürfen, in absehbarer Zeit eskalieren. Und wenn einmal die Abriegelung, wenn auch nur teilweise, aufgehoben wird, muß man mit einer größeren Anzahl von Racheakten und Zusammenstößen mit der israelischen Bevölkerung rechnen.

Als Vorschuß auf das Zuckerbrot, das der Peitsche folgen soll, hat jetzt Israel seine Einwilligung dazu gegeben, daß der PLO-Führer in den besetzten Gebieten, Feisal Husseini, die Leitung der palästinensischen Delegation zu den Nahost-Friedensgesprächen übernimmt. Damit weicht Ministerpräsident Rabin zum ersten Mal wesentlich von der Verhandlungspolitik der Likud-Regierung und den Bedingungen und Abmachungen ab, die zur Madrider Konferenz geführt haben. Likud-Führer Schamir bestand u.a. darauf, daß Vertreter aus Ostjerusalem von den Verhandlungen ausgeschlossen bleiben sollten. Deshalb war der gemäßigte Fatah-Mann Husseini bisher zwar inoffizieller Chef der Delegation, durfte aber formell nur der Gruppe der politischen Berater vorstehen. Die Anerkennung seiner Führerrolle bedeutet, daß die israelische und die US-Regierung jetzt die Verhandlungen mit dem Fatah-Flügel der PLO als der eigentlichen Palästinenservertretung institutionalisieren wollen.

Gipfeltreffen Mubarak–Rabin soll Friedensgespräche beleben

Wenn alles nach Plan verläuft, werden sich der ägyptische Präsident Mubarak und Israels Premier Rabin am Mittwoch in Kairo treffen. Sowohl Mubarak als auch Rabin stehen vor akuten ungelösten Probleme mit Teilen der Bevölkerung in ihren eigenen Hinterhöfen, wo der Widerstand gegen das Regime und seine Politik immer häufiger mit bewaffneten Aktionen verbunden ist. In Anbetracht des ungelösten israelisch-arabischen Konflikts kommt eine offene ägyptisch-israelische Zusammenarbeit im Kampf gegen radikale Islamisten derzeit nicht in Frage. Aber es ist wahrscheinlich, daß Mubarak und Rabin gerade diesen Problemen intensivere Aufmerksamkeit schenken werden. Im Mittelpunkt der Gespräche wird jedoch die Wiederaufnahme der Friedensgespräche stehen, die von arabischer Seite noch vor dem 20. April definitiv bestätigt werden muß.

Sowohl Rabin als auch Mubarak sind erst kürzlich von Besuchen beim US-Präsidenten Clinton zurückgekehrt und wollen einander ihre Eindrücke von der neuen US-Administration und ihrer Nahostpolitik mitteilen. Dabei wollen die USA selbst eine aktivere Rolle spielen als bisher, aber gleichzeitig soll auch Ägypten eine bedeutendere Vermittlerrolle „hinter den Kulissen“ übernehmen. Das bezieht sich vor allem auf die engen Kontakte, die Ägypten mit den Führern der PLO und Syriens pflegt. Amos Wollin, Tel Aviv