Die ganze Wahrheit über den Putsch...

■ ..beim Moskauer Hochverratsprozeß

Moskau (dpa/taz) – Einmal mehr war es die Stunde der treusten Anhänger der Sowjetunion. Als am Mittwoch morgen vor dem Militärtribunal des Obersten russischen Gerichtshofes der Prozeß gegen die Anführer des August- Putsches des Jahres 1991 begann, demonstrierten rund 1.000 Moskauer Dauerdemonstranten mit sowjetischen Fähnchen für ihre Helden. Die bereits vor Monaten aus dem Gefängnis entlassenen Putschisten ließen sich dann das Bad in der Menge der Werktätigen auch nicht entgehen. Ex-Regierungschef Valentin Pawlow: „Ich warte hier auf meine Genossen, damit wir gemeinsam ins Gericht gehen können.“ Und Oleg Schenin, früherer Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU: „Wichtig istnicht, wie der Prozeß ausgeht, wichtig ist, daß wir die Möglichkeit haben, endlich zu sagen, was im August 1991 wirklich passierte.“

Doch bei dieser Suche nach der Wahrheit mußten die zwölf Angeklagten gleich am ersten Verhandlungstag eine herbe Niederlage erleiden. Das Gericht lehnte einen Befangenheitsantrag der Verteidiger als unbegründet ab. Zurückgewiesen wurde somit eines der Hauptargumente der Putschisten. Diese hatten bisher stets darauf hingewiesen, daß die russische Justiz nicht über Angelegenheiten der früheren Sowjetunion entscheiden könne. Deshalb müsse entweder ein zwischenstaatlicher Gerichtshof gebildet oder die Abtretung der Strafverfolgung durch die ehemaligen Sowjetrepubliken an Rußland eingeholt werden.

Außerdem warfen die 19 Verteidiger den Militärrichtern vor, unter dem Kommando von Verteidigungsminister Pawel Gratschow zu stehen. Dieser werde aber als Zeuge in dem Prozeß auftreten. Die Mitglieder des sogenannten „Notstandskomittees“, unter ihnen der damalige Vize-Präsident der UdSSR Janajew, Verteidigungsminister Jasow und KGB- Chef Krjutschkow, wird „Landesverrat mit dem Ziel der Machtergreifung“ vorgeworfen. Die Dauer des Prozesses, bei dem rund 120 Zeugen gehört werden sollen, ist offen. her