„Wir machen kein ZAK-light“

■ Ab Sonntag gibt's das Magazin „ZAK“ im ersten Programm. Im Prinzip.

Fünf Jahre hat es gedauert, bis sich die ARD-Oberen zu der Entscheidung durchringen konnten, „ZAK“, das streitbare politische Magazin des WDR, vom Dritten ins Erste zu hieven. Doch was sie da beim Proporz-Gerangel hinter den Kulissen ausgebrütet haben, mutet eher an wie ein spätes Osterei. Künftig gibt es den „Wochendurchblick“ sonntags nach den „Tagesthemen“ in der ARD. Allerdings nur alle 14 Tage. In den Wochen dazwischen bleibt ZAK, wie gehabt, am Freitag in West3 und beim ORB. Allerdings nicht mehr um 21.45 Uhr, sondern schon um 21.15 Uhr. Wie gehabt, 45 Minuten lang.

Sonntags im Ersten schrumpft das Magazin hingegen auf 30 Minuten. Soweit alles klar. Nur, in den nächsten drei Wochen ist das noch ein bißchen anders. Weil die „Wochenshow“ von HR und BR, die in den Wochen sonntags im Ersten ausgestrahlt werden soll, wenn ZAK im Dritten läuft, noch nicht startklar ist, gibt's ZAK bis zum 2. Mai nur sonntags in der ARD. Eine Sommerpause wird es bei ZAK allerdings auch weiterhin geben. Allerdings nur im dritten Programm... Im Ersten gibt's das ganze Jahr über ZAK. Allerdings nur alle 14 Tage...

Zum Sitzkomfort in der ersten Reihe, politischen Fersehjournalismus, Infotainment und Mosambik ein Gespräch mit Friedrich Küppersbusch, der seit drei Jahren für ZAK den Kopf hinhält.

taz: Vor einem Jahr haben Sie an anderer Stelle erklärt, daß sie sich einen Wechsel von ZAK ins Erste nicht vorstellen könnten, weil innerhalb der ARD mit ihrem Anstalten-Proporz kaum Platz für eine neue wöchentliche Sendung sei. Nun plötzlich doch dieser seltsame Eiertanz. Woher der Sinneswandel?

Friedrich Küppersbusch: Im Prinzip brauche ich nichts zurückzunehmen. In dieser Entscheidung steckt ja auch einiges an Kompromissen. Wir sind nur alle 14 Tage im Ersten, sind um eine Viertelstunde kürzer. Andererseits machen wir jetzt nicht ZAK-light. Unsere Bedingung war in erster Linie, daß wir ein wöchentliches Magazin bleiben. Und die ist erfüllt. Daß da jetzt überall Stimmen laut werden nach dem Motto: „Was seid Ihr für zahnlose Säcke geworden, daß Ihr jetzt schon ins erste Programm dürft“, halte ich für unbegründet. Grundsätzlich wird mir in diesen Wechsel zuviel reingheimnist.

Aber Befürchtungen von ZuschauerInnen, die sich partout nicht vorstellen können, daß sich ZAK all die respektlosen Frechheiten, die es bisher ausgezeichnet haben, auch im Ersten leisten kann, werden Sie doch verstehen?

Ob das geht, werden wir sehen. Machen werden wir's auf jeden Fall. Natürlich werden die Reaktionen im Ersten quantitativ zunehmen. Aber in der Vergangenheit haben wir immer Anrufe von Zuschauern erhalten, die sich wegen eines Berichts schützend vor ZAK stellen wollten, bevor uns überhaupt irgendwer Prügel angedroht hatte. Und ein Hierarch, der mir erklärt hätte: „Herr Küppersbusch, wenn wir nun ins Erste gehen, waschen wir uns den Mund aber mal ordentlich mit Kernseife aus“, ist bei mir bislang nicht vorstellig geworden.

Aber irgend etwas muß bei ZAK im Ersten doch anders werden. Woher nehmen Sie die 15 Minuten, die Ihre Sendung sonntags kürzer ist?

Eigentlich stehen wir zu unserem 45-Minuten-Produkt, an dem es nichts Verzichtbares gibt. Keinesfalls werden wir jetzt Vier-Minuten-Beiträge auf 2.30 runterfahren. Eher den einen oder anderen Beitrag weniger, und statt der gewohnten zwei Studiogäste werden wir sonntags nur einen haben. Daß so eine halbe Stunde nicht ideal ist, sieht man auch daran, daß beispielsweise „Stern-TV“ mit 30 Minuten angefangen hat und das Ganze dann sehr schnell auf 60 Minuten hochgefahren hat, was abzüglich der Werbeunterbrechungen bei RTL ziemlich exakt dem normalen ZAK-Format entspricht. Warum sich die ARD da anders entschieden hat, ist eine Frage, über die mir den Kopf zu zerbrechen ich nicht bezahlt werde.

Sie sehen sich gern als der Verkäufer des Produktes ZAK. Erzählen Sie doch mal einem zahlenden Kunden, was er von ZAK erwarten darf, das er in anderen Magazin-Packungen der ARD nicht findet?

Mit einem branchentauglichen Slogan gesagt: ZAK ist das politische Magazin für Leute, die keine politischen Magazine gucken. Das ist zumindest, was ich mit der Sendung gern schaffen möchte. Jene Leute erreichen, die allein schon bei der Formensprache eines bebilderten Zeitungsjournalismus, dem die anderen Polit-Magazine huldigen, der Umschaltreflex befällt. All denen, die mit der traditionellen Form politischer Berichterstattung nichts anfangen können, zu erklären: „Dann habt Ihr Dummbeutel eben kein politisches Magazin verdient“, halte ich für fatal.

Daß da überhaupt ein Interesse vorhanden ist, beweisen schließlich Sendungen wie „Stern TV“ oder „Der heiße Stuhl“. Natürlich halte ich so etwas auch nicht für politische Sendungen, aber wenn Sie mit Zuschauern darüber reden, stellen Sie fest, daß sie genau das tun. Also, denke ich, hat ein gebührenfinanzierter Sender die Pflicht, auch diesen Leuten ein vernünftiges Angebot zu machen...

Auch auf die Gefahr hin, damit möglicherweise einem fragwürdigen Politikverständnis Vorschub zu leisten?

Die Gefahr sehe ich bei ZAK nicht. Daß es schon schlechterer Journalismus sein soll, wenn eine Story spannend aufbereitet ist oder man mit einer anderen Bildsprache an ein Thema herangeht, leuchtet mir nicht ein. Mit dem Schlagwort „Infotainment“ kann ich inzwischen leben. Aber wenn Wickert da sitzt und die schlimmsten Nachrichten verkündet, muß er auch damit leben, anschließend bergeweise Post zu seiner Krawatte zu bekommen. Wenn ich also in diesem Medium ums „Tainen“ sowieso nicht herumkomme, dann „taine“ ich doch lieber bewußt und versuche dieses Element für das zu nutzen, was ich an Inhalten vermitteln will. Den Schuh mit „Zeitgeist“ zieh' ich mir nicht an. Ich bin der Verkäufer, der mit ein paar Videokassetten an der Haustür klingelt und fragt: „Wollt Ihr mal 'reingucken?“. Wenn die dann sagen: „Ach Gott, ist der langweilig“, habe ich versagt. Wenn sie mich nur wegen meiner netten Krawatte 'reinlassen, bin ich zumindest erstmal drin in der guten Stube. Und nur dann habe ich die Chance, ihnen beispielsweise etwas über die Lage in Mosambik zu erzählen.

Welche Rolle spielt Ihre originäre Form der Anmoderation bei diesen Haustürgeschäften per Mattscheibe?

Wenn wir ehrlich sind, ist Mosambik irgendein Land, wo es irgendeinen Bürgerkrieg gibt, wo irgendeine Dürrekatastrophe herrscht und das wie zehn andere in Afrika zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Wenn ich mich hinstelle und diese Fakten aufzähle, kann ich auch gleich sagen: „Liebe Leute, es wird langweilig.“ Dann doch besser: „An den Nüßchen, die Sie gerade vorm Fernseher mümmeln, müssen Sie noch lange kauen, wenn Sie das Wirtschaftsproblem von Mosambik lösen wollen.“ (Nüsse sind nun mal das Hauptexportprodukt dieses Landes.) Und dann stelle ich mir in meinem naiven Idealismus vor, daß jemand nicht sofort umstellt, weil er plötzlich merkt, „siehe da, das habe ich also mit Mosambik zu tun“.

Aber an der nüchternen Diktion Ihrer Moderation wird sich nichts ändern? Mit Betroffenheitsbekundungen wollen Sie den ZuschauerInnen auch im Ersten nicht beistehen?

Keinesfalls. Diesen Klassiker, „ein Thema, das uns alle sehr betroffen macht und uns noch lange beschäftigen wird...“, halte ich für scheinheilig. Entweder hat der Beitrag eine Information geliefert und eine Aussage zu einem Thema gemacht, dann ist es damit auch gut. Oder man ist noch nicht fertig damit, dann muß man eben noch was Journalistisches leisten. Aber diese Betroffenheitsfloskeln sind albern.

Sonntags werden Sie nur noch einen Interview-Gast haben. Bleibt da „Prominenz“ auch weiterhin ein Auswahlkriterium? Oder dürfen wir uns bei ZAK demnächst auch auf die rüstige Oma freuen, die ihren Enkel vom Ertrinken gerettet hat?

Für die gibt's inzwischen andere Sendungen genug. Natürlich freue ich mich über jede Oma, der das gelingt, aber ich schätze alle deutschen Omas so ein, daß sie das systemunabhängig tun. Auch Autounfälle wird es geben, solange es Autos gibt. Wenn man sich mit dem Thema befassen will, muß man eine ökologische Diskussion führen. Da irgendwelche Unfallopfer einzuladen, hat mit dem Problem wenig zu tun. Der eine hatte dann ein Metallrohr durch die Brust, dem anderen konnte man den Penis wieder annähen usw. Dolle Sache, und schon wird das ganze Spektakel zu einer „politischen Diskussion“ hochgeadelt. Die Tour wird's bei ZAK nicht geben. Interview: Reinhard Lüke