Ein Denkmal für die Kinder des Warschauer Ghettos

■ In Warschau begannen die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto / Polizei löst antisemitische Demonstration von Skinheads auf

Warschau (taz) – In Warschau haben am Sonntag vormittag die offiziellen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto mit einem Gottesdienst in der Warschauer Synagoge begonnen, an dem zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Vertreter der christlichen Kirchen teilnahmen. Am Nachmittag wurde auf dem Gelände des jüdischen Friedhofes ein Denkmal zu Ehren der Kinder des Warschauer Ghettos enthüllt.

Der genaue Jahrestag fällt auf den Montag, da am 19. April 1943 erstmals Einheiten der SS in das Ghetto eingefahren waren, um die endgültige Liquidierung, die drei Tage zuvor beschlossen worden war, in Angriff zu nehmen. Dabei stießen sie auf heftigen bewaffneten Widerstand jüdischer Kampfgruppen, der bis in den Mai hinein anhielt. Obwohl die SS mit Panzern und Flammenwerfern ausgerüstet war und von der Wehrmacht unterstützt wurde, brauchte sie fast vier Wochen, bis der Aufstand niedergeschlagen und das Ghetto niedergebrannt war. Mehr als 56.000 Juden kamen ums Leben.

Das Ehrenpatronat über die Feierlichkeiten haben Polens Präsident Lech Walesa und sein israelischer Amtskollege Chaim Herzog gemeinsam übernommen. Auch Israels Premier Rabin wird zu den Feierlichkeiten erwartet. Heute treffen auch US-Vizepräsident Al Gore und die deutsche Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth in Warschau ein. Die gesamte Führung des jüdischen Weltkongresses unter Edgar Bronfman ist offiziell in Warschau, nachdem der christlich-jüdische Streit um das Kloster in Auschwitz (die taz berichtete) nach einer Intervention des Papstes beigelegt wurde.

Zu den Gedenkfeiern werden an die 5.000 jüdische BesucherInnen erwartet. Über die Sicherheit der Gäste wachen 1.800 Polizeibeamte. Der Warschauer Flughafen und die Innenstadt werden ständig durch Patrouillen überwacht. Im Fernsehen wurde die Bevölkerung um Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen gebeten, man befürchte Attentatsversuche arabischer Gruppen. Konkrete Hinweise auf geplante Anschläge hat die Polizei nach eigener Aussage bisher allerdings nicht erhalten.

Für einen ersten Mißklang bei den Feierlichkeiten sorgten zirka 70 polnische Skinheads der „Polnischen Nationalgemeinschaft“, einer extrem antisemitischen und faschistischen Partei. Ihr Vorsitzender ist seit über einem Jahr von der Polizei zur Fahndung ausgeschrieben, weil er sich weigerte, sich im Rahmen eines Prozesses wegen Volksverhetzung einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen. Die Skinheads demonstrierten am Sonntag vormittag in der südlichen Innenstadt Warschaus mit Slogans wie „Nieder mit der jüdischen Okkupation“ und „Polen für Weiße“, bevor sie von der Polizei auseinandergetrieben wurden. 18 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Klaus Bachmann