Umstrittenes Veilchen

■ Szenen aus dem Verkehrsalltag: Fahrrad contra Auto, Fahrer contra Fahrerin und die ungeklärte Herkunft eines blauen Auges

: Fahrrad contra Auto, Fahrer contra Fahrerin und die ungeklärte Herkunft eines blauen Auges

Die Frage bleibt: Wo kam das Veilchen her? In erster Runde ging es gestern vor dem Amtsgericht um das angeschlagene linke Jochbein der Claudia V. Sie hatte sich in der Nacht vom 19. Juli vergangenen Jahres ein blaues Auge eingefangen, und zwar, so die Anklage der 26jährigen Frau, von Yassin D. Der 29jährige Schwarzafrikaner sieht das jedoch ganz anders. Lediglich gepöbelt wurde an dem Abend, gegenseitig: Sch...-Schlampe gegen Sch...-Nigger, also fifty-fifty.

Die Anklage legt D. gleich drei Vergehen zur Last. Angetrunkenes Führen eines Verkehrsmittels, Beleidigung und schließlich die Körperverletzung. Ort des emotionsgeladenen Zusammenpralls: Die Hopfenstraße in St. Pauli. Dort stießen die beiden Kontrahenten zusammen. Der 29jährige Baggerführer kam von einer Party und war mit dem Rad von der David- in die Hopfenstraße eingebogen. Claudia V. kam mit einem Kadett aus der entgegengesetzten Richtung.

D. erzählt seine Version so: Er wollte gerade, sein Rad schiebend, die Straße überqueren, da kam plötzlich das Auto angebraust (..„voll Gas“) und bretterte fast über ihn hinweg. Er fiel aufs Pflaster, sein Rad vorn komplett demoliert. Doch nicht genug, da erscholl es aus dem Auto: „Sch...- Nigger“. D. reagierte mit der Schlampe, rappelte sich auf und guckte durchs Autofenster. Die Scheibe sei hochgekurbelt gewesen, versichert der Angeklagte, und die Frau habe schon das blaue Auge gehabt. Kurze Zeit später kreuzten Polizisten der Davidwache auf, registrierten den Unfall und nahmen D. mit zur Blutprobe. Mit festgestellten 1,4 Promille wurde er entlassen. Für den Ghanaer hörte aber die Aufregung des Abends noch nicht auf. Auf dem Weg zur nahegelegenen Tankstelle sei plötzlich ein Mann mit Baseballschläger auf ihn zugestürmt und habe gebrüllt, „warum hast du das Auto meiner Frau demoliert“. D. rettete sich in die Tankstelle.

Die weibliche Version des Abends, geschildert von Claudia V., hört sich gänzlich anders an: Sie fuhr in gemächlichem Tempo durch die Hopfenstraße, als plötzlich der Radfahrer auf der Straße aufkreuzte und frontal aufs Auto zuhielt. Ausweichen sei nicht möglich gewesen. Völlig geschockt sei sie gewesen. Doch damit nicht genug, der Mann steht auf, pöbelt sie an, kommt auf das Auto zu und langt durch die zu einem Drittel geöffnete Scheibe, romms, ihr ins Gesicht. Daß sie diesen Angriff bei der Unfallaufnahme nicht sofort angezeigt habe, läge wohl am Schock. Erst Minuten später entschloß sie sich, die Prügel anzuzeigen. Schließlich hätte sie sich erstmal einen Parkplatz suchen müssen. Soweit die Version von Claudia V.

Wer Recht hat, können wir an dieser Stelle leider noch nicht mitteilen. Nach einem Beweisantrag der Verteidigung wurde der Prozeß vertagt. Katrin Wienefeld