Die Koalition geht sich an den Kragen

■ Wedemeier: Sparen macht vor der Koalitionsvereinbarung nicht halt / 42 Millionen Jongliermasse für 1994

Wenn es um den Haushalt für das Jahr 1994 geht, ist auch die Koalitionsvereinbarung zwischen den Ampelpartnern nicht mehr heilig. Senatspräsident Klaus Wedemeier (SPD) kündigte gestern an, daß „die eine oder andere Vorgabe in der Koalitionsvereinbarung zu streichen“ sein wird, wenn der Hauhaltsplan 1994 festgezurrt werden soll. Anlaß: Am Montag abend hatte der Koalitionsausschuß erstmals eine Haushaltsvorlage des Finanzsenators Volker Kröning (SPD) für das kommende Haushaltsjahr diskutiert.

Die hatte es in sich. Oberstes Gebot Krönings: Der Haushalt darf nicht mehr als drei Prozent wachsen, eine Hauptbedingung für die Entschuldung Bremens durch den Bund. Gespart werden soll, und Kröning zeigt den Ressorts wo und mit wieviel Geld es lang geht: Insgesamt klaffen zwischen seinen Eckwerten und dem angemeldeten Mehrbedarf der Einzelressorts 140 Millionen Mark Differenz. „Nach den Chefgespächen ist festzustellen, daß so gut wie kein Ressort Vorschläge für einen Abbau von Aufgaben und Ausgaben macht. Die Dissense können deshalb... nicht zum Anlaß genommen werden, die Einzeleckwerte zu verändern“, erklärt der Finanzsenator.

Während die Diskussion im Koalitionsausschuß nach übereinstimmenden Angaben mehrerer Teilnehmer eher „allgemeiner“ Natur war und ohne Ergebnis blieb, gab es gestern im Senat einen weiteren Vorschlag zur Modifizierung der Kröning- Vorlage, vom Finanzsenator selbst präsentiert. In allen Ressorts werden danach zwei Prozent von den kosumptiven Mitteln und von den Nettoinvestitionen abgezogen und für besondere Maßnahmen gebunkert. So hat der Senat eine Jongliermasse von ca. 42 Mio.Mark. „Das ist für uns eine Reserve, um Einzelpunkte der Koalitionsvereinbarungen noch zu erfüllen“, so Wedemeier gestern. Zur Verteilung des Geldes wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der neben Wedemeier und den Senatoren Fücks (Grüne), Jäger (FDP) und Kröning (SPD) auch je ein Mitglied der Ampel-Fraktionen angehören wird.

In welchen Bereichen „öffentliche Dienstleistungen gestrichen“ werden müssen, wollte Wedemeier gestern nicht verraten. Klar ist aber, daß es beim Kulturhaushalt zu einer längeren Auseinandersetzung kommen wird. In der Koalitionsvereinbarung ist der Kulturhaushalt für das Jahr 1994 explizit mit 126 Millionen Mark ausgewiesen, inklusive zwei Millionen Mark Drittmitteln. „Wenn die Vorlage so durchgeht, fehlen uns zehn Millionen Mark“, erklärte Kultursenatorin Helga Trüpel: „Die Dissense bestehen weiter.“

Die Kulursenatorin ist nicht die einzige, die laut Kröning in die Röhre gucken wird. Erhebliche Unterschiede über die Summen, die sie brauchen, und die, die sie bekommen sollen, hat die Gesundheitssenatorin (6,7 Mio.), der Umweltsenator (ca. 5,5 Mio), die Arbeitssenatorin (ca. 8,8 Mio.) und der Häfensenator (ca. 13,7 Mio., alle konsumptiv). Im investiven Bereich liegen die Vorstellungen noch weiter auseinander. So will der Häfensenator gleich 27 Mio Mark mehr haben, die Gesundheitssenatorin 10,4 Mio., Hochschulen 15 Mio. mehr. Prozentual sind das Beträge zwischen 10 und dreißig Prozent der vorgegebenen Haushalteckwerte.

Kröning hält dagegen: „Bei Aufnahme dieser Beiträge (i.e. die 140 Mio. Mehrbedarf insgesamt, die.R.) in die Eckwerte würde sich die Steigerungsrate von 3% auf 5% erhöhen.“ Und daran hielt sich gestern auch der Senatspräsident: „Wir werden als öffentliche Hand einfach nicht mehr alle Dienstleistungen zur Verfügung stellen können, und da wird in einzelnen Punkten das Herzblut aller drei Koalitionsparteien dranhängen.“

Am Sonntag sollen die Eckwerte nochmals im Koalitionsausschuß beraten werden, am Dienstag im Senat auf den Weg gebracht werden. Im August sollen dann die Fachdeputationen ihren Segen geben. Danach soll in Streitfällen die senatorische Arbeitsgruppe mit ihren 42 Millionen Mark lindern.

Es gibt weitere Hürden. Im Juni erwartet der Senat das Ergebnis der letzten Steuerschätzung. Danach könnten nach Wedemeiers Einschätzung Mindereinnahmen „von bis zu 100 Mio Mark“ für Bremen herauskommen. Die sind in der Vorlage des Finanzsenators noch nicht berücksichtigt. Markus Daschner