„Ich will durch diesen Ausschuß durch“

Günther Jansen, Ex-Sozialminister von Schleswig-Holstein, sagt vor dem „Schubladen“-Ausschuß des Landtags zu seinen Zahlungen an den früheren Barschel-Referenten Pfeiffer aus  ■ Aus Kiel Bascha Mika

Günther Jansen ist ein Profi, Politiker vom grauen Scheitel bis zur Ledersohle. Das kam ihm gestern sehr zupasse. Mit der Souveränität eines Menschen, der an öffentliche Auftritte gewöhnt ist, betrat er den Schleswig-Holstein-Saal im Kieler Landeshaus, ließ sich von der Meute der Bild- und Fernsehjournalisten ablichten und begrüßte einige Bekannte, bevor er sich dem Untersuchungsausschuß stellte. Der Ausschuß soll die Zusammenhänge von Jansens Geldzahlungen an den früheren Barschel-Referenten Reiner Pfeiffer klären.

Über einen Mitarbeiter der Staatskanzlei, Klaus Nilius, hatte Jansen in den Jahren 1989 und 1990 Pfeiffer rund 40.000 Mark zukommen lassen. Diese Tat des „guten Günther“, die Anfang März diesen Jahres ruchbar geworden war, hat den ehemaligen Sozialminister nicht nur sein Amt gekostet, sondern auch seinen Ministerpräsidenten Engholm schwer in Bedrängnis gebracht. So will denn die CDU durch den Untersuchungsausschuß auch klären lassen, was Engholm von den Kontakten Jansen/Nilius/Pfeiffer wußte; und am liebsten würden die Christdemokraten dem früheren Barschel-Untersuchungsausschuß, der die dreckigen Machenschaften des früheren schleswig-holsteinischen Landesvaters aufdeckte, ein Kapitel „Engholm“ hinzufügen.

Doch das wird ihnen der 56jährige Jansen nicht leicht machen. Zwei Stunden redete er gestern bei seiner ersten Stellungnahme an einem Stück. Mit wohlmodulierter Stimme und der richtigen Mischung aus Coolness und Emotionalität. Nicht ungeschickt an die früheren Machenschaften der Landes-CDU erinnernd, brauchte er fast die Hälfte der Zeit, um auf vergangene Zeiten und deren politische Gepflogenheiten in Schleswig-Holstein einzugehen: „Um deutlich zu machen, woher meine Gefühle und Empfindungen gekommen sind.“ In der zig Jahrzehnte währenden CDU-Ära seien die Sozis im Lande „als staatsgefährdende Partei runterstilisiert worden“, erzählt er. Für ihn als SPD-Landesvorsitzenden sei es fast selbstverständlich gewesen, den Spitzenkandidaten vor allem in Wahlkampfzeiten „ein Stück Flankendeckung zu geben“. Im Wahlkampf 1987 mit dem Spitzenmann Engholm wäre der „Auswuchs politischer Unkultur“ besonders drastisch gewesen.

Mit immer schnellerer Stimme, mit den Händen immer bereit, seine Worte zu unterstreichen, berichtete Jansen von seinem ersten Treffen mit Pfeiffer. Am 7. September 1987 hätte er Pfeiffer zum ersten Mal gesehen und von den CDU-Machenschaften konkret erfahren. Eine Woche vor der Landtagswahl. „Ich war begeistert“, beschrieb er seine damaligen Gefühle, „denn wenn das stimmte, würden endlich einmal die, um die es geht – und die ich nicht mochte –, vorgeführt.“ Jansen bestritt auch gestern, daß es irgendwelche Abmachungen mit Pfeiffer gegeben habe: „Es sind nur Informationen geflossen, nichts abgemacht worden, nicht über Geld gesprochen worden.“

Als er seine späteren Geldzahlungen an Pfeifer kommentierte, zog Jansen plötzlich einen braunen Umschlag aus der Tasche, in Din- A5-Größe gefaltet, nicht besonders dick. Die Ausschußmitglieder starrten ihn an. 21.950 Mark seien darin, sagte Jansen. Scheine à 20, 50 und 100 Mark. Ungefähr der Betrag, den Pfeiffer zweimal bekommen und von dem der Stern behauptet hatte, man könne so viel Geld nie und nimmer in einer kleinen Schreibtischschublade ansammeln. Jansen: „Ich finde eine solche Berichterstattung unmöglich. Ich lass' mit mir nicht umgehen, wie jeder es will.“

Mit solcherart geschickten Vorstellungen und Rhetorik hielt Jansen sein Publikum bei der Stange, auch wenn ihm zwischendurch mal die Hände zitterten oder er den Faden verlor. Immer wieder schaffte er es, in die Runde zu blicken, ein Detail ironisch zu kommentieren und sich als der zu präsentieren, der er sein will: ein Politiker, der gefehlt, aber nichts verbrochen hat, ein Mensch, der vielleicht belächelt wird, aber in seinen Gefühlen und Handlungsweisen authentisch ist. „Jansen ist toll“, schwärmte ein SPDler, „so was hat die CDU noch nicht einmal in ihrem Bekanntenkreis.“

Doch inhaltlich gingen Jansens Aussagen nicht über das hinaus, was er entweder vor dem Barschel- Untersuchungsausschuß 1987/88 gesagt hatte oder in seiner Pressekonferenz Anfang März 1993, als die Geldzahlungen öffentlich wurden. Als Motiv für seine Samaritertat gab er erneut an, einen Mann stützen zu wollen, „der endlich einmal über diese CDU ausgepackt hatte“.

Am Ende seiner langen Rede betonte Jansen – die Fäuste geballt, den Oberkörper nach vorne gelehnt: „Ich will durch diesen Ausschuß durch.“ Das sei er sich und seiner Familie schuldig. Er wolle am Schluß als jemand dastehen, der Dinge mit seinem Geld mache, die ungewöhnlich seien. Aber er stehe zu dem, was er gemacht habe.