Zaires Opposition hofft auf die UNO

■ Bei seinem Besuch in Brüssel sprach Butros Ghali mit zairischen Politikern über eine mögliche Militärintervention

Brüssel (taz) – Die gespannte Lage in Zaire war am Wochenende Thema von Gesprächen, die UNO-Generalsekretär Butros Ghali in der belgischen Hauptstadt Brüssel führte. Aktueller Hintergrund: Die Ausbreitung der ethnischen Auseinandersetzungen aus der Südprovinz Shaba in den Osten des Landes, wo Einwanderer aus Ruanda aus der Provinz Nord-Kivu vertrieben werden.

Zaire stünde vor der „Somalisierung“, sagte der Informationsminister der von Mobutu entlassenen, aber weiter amtierenden zairischen Übergangsregierung, Lambert Mendé, gegenüber Butros Ghali. Am Freitag waren die anti- ruandischen Pogrome in Kivu unter Beteiligung der Armee weitergegangen. Die bisherige Bilanz, so Mendé zur taz: 500 Tote und Tausende von Flüchtlingen an der zairisch-ruandischen Grenze.

Mendé überbrachte dem UNO- Generalsekretär eine formelle Bitte seines Premierministers Etienne Tshisekedi um eine militärische Eingreiftruppe, die die Einhaltung der Menschenrechte überwachen und ein Abgleiten Zaires in den allgemeinen Bürgerkrieg verhindern solle.

Butros Ghali muß nun den Sicherheitsrat und die UNO-Vollversammlung konsultieren. Doch die Tatsache, daß der UNO-Generalsekretär mit zairischen Ministern überhaupt über eine mögliche Militärintervention spricht, hat letztere dazu gebracht zu hoffen, daß Butros Ghali auf ihrer Seite steht.

Erzbischof Monsengwo, Präsident des aus der Nationalkonferenz von 1992 hervorgegangenen Mobutu-feindlichen „Hohen Rats der Republik“, forderte auf einer Pressekonferenz in Brüssel am Samstag ebenfalls verstärkte internationale Aufmerksamkeit für Zaire. „Der Kampf für die Menschenwürde und die Menschenrechte ist kein nationaler Kampf allein“, sagte er. „Jede Handlung gegen die Menschenwürde ist ein Verbrechen gegen die gesamte Menschheit, und diese hat das Recht, sich zu verteidigen.“ Er fuhr fort: „Glücklicherweise ist das Völkerrecht im Begriff, die Aufmerksamkeit der Menschheit stärker auf Situationen fehlender Menschenwürde zu lenken. Das heißt nicht, daß ich um eine Militärintervention nachsuche. Ich spreche Prinzipien aus. Die Politiker müssen wissen, was sie zu tun haben.“ Gleichzeitig kritisierte er die zairischen Politiker, die „alle ihren Anteil am Kuchen haben“ wollten. Er rief oppositionelle und Mobutu- treue Politiker in Zaire zur „Verständigung“ und zur Bildung einer „Regierung des nationalen Konsenses“ auf. Denn solange es keine Einigung über die „Spielregeln“ gebe, seien Wahlen unnütz, da der Verlierer ihre Ergebnisse nicht anerkennen würde – siehe Angola.

Wie schwer eine Verständigung ist, zeigte sich jedoch am Wochenende in Zaires Hauptstadt Kinshasa. Dort trat das eigentlich abgeschaffte, von Diktator Mobutu jedoch wieder ins Leben gerufene Marionettenparlament aus den Zeiten des Einparteienstaates zusammen und forderte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Belgien, Frankreich und den USA, die sich der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Zaires schuldig gemacht hätten.

Mobutu hat drei belgische Diplomaten aus dem Land geworfen, worauf Belgien jetzt mit der Ausweisung dreier zairischer Diplomaten reagiert hat. Der zairische Diktator ist überzeugt, daß Belgien hinter der Diskussion um eine UNO-Militärintervention steckt. François Misser