Alle Jahre stärker: Der Sommersmog!

■ In Berlin klettern die Ozonwerte jetzt schon auf 180 Mikrogramm / Meteorologe: Fahrverbot ein „Schuß ins Knie“

Berlin (taz) – Ungesund, aber demokratisch: Kaum hat sich der Gestank von Berlins Schornsteinheizungen über dem Zentrum der Hauptstadt gelegt, tränen den Bewohnern der grünen Vororte der Metropole die Augen, laufen die Nasen empfindlicher Freizeitgärtner vor ihren Datschen. In den vergangenen Tagen kletterten die Ozonwerte in und vor allem um Berlin auf Werte von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, ein Wert, bei dem Ärzte empfindlichen Menschen empfehlen, keinen ungewohnten Sport mehr im Freien zu betreiben. Martin Lutz, Meteorologe beim Berliner Umweltsenat bestätigt, daß das warme Wetter zusammen mit der dreckigen Luft für „das hohe Ozonniveau“ der vergangenen Tage gesorgt hat – auch für heute ist wieder mit ähnlichen Werten zu rechnen.

Der zunehmende Verkehr und die so entstehende Luftbelastung mit Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen machen den sogenannten Sommersmog in Deutschland von Anfang April bis Ende September künftig immer wahrscheinlicher. „Wenn Sie pessimistisch sind, können Sie das so sagen“, so Lutz. Die WHO hatte im vergangenen Jahr festgestellt, daß das besonders betroffene Südwestdeutschland der am stärksten mit Ozon belastete Raum in Europa war.

Der bisherige Höhepunkt in diesem Jahr war in Berlin der Samstag: in den Stadtrandbezirken Buch und Marienfelde waren die Werte deutlich über die 180 Mikrogramm-Grenze geklettert. Schon Mitte März hatten die Meßstationen in der Oberpfalz 193 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter registriert.

Lutz wollte gestern wegen des Sommersmogs keine besondere Beunruhigung aufkommen lassen. „Das ist nur ein Zusatzeffekt einer Luftverschmutzung, die ohnehin da ist.“ Insofern sei die Forderung nach einem Fahrverbot nur wegen hoher Ozonwerte auch „ein Schuß ins Knie“. Warum sollten die Menschen bei wärmerem Wetter deutlich weniger fahren: „Das Benzol, daß in die Luft geblasen wird, ist immer krebserregend, im Sommer und im Winter.“

Etwas bringen würde nur eine vernünftige Verkehrspolitik – weniger Autoverkehr. Selbst der Katalysator helfe gegen die Schadstoffbelastung nur kosmetisch. Bei den kurzen Fahrstrecken in Städten sei seine Wirksamkeit drastisch eingeschränkt.

In München tobt wegen der hohen Luftverschmutzung in der Innenstadt ein erbitterter Politkrieg. Der grüne Umweltschutzreferent Joachim Lorenz möchte die Innenstadt am liebsten hundert Tage im Jahr sperren. SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter ist dagegen. ten