■ Bonn-apart
: Dröhnung als Krönung

Bonn (taz) – Die Grünen sind schon seit über zwei Jahren nicht mehr drin, und dennoch schreitet die Müslifizierung des deutschen Bundestages unaufhaltsam voran. Womit sich die taz-RedakteurInnen in der Berliner Zentrale seit Jahren den Magen verderben – produzentenfreundlicher, konzernfreier Kaffee – das schenkt seit gestern auch das Restaurant des Bundestages aus.

Die Berliner Kollegen bringen schon seit Jahren mit der sogenannten „Sandino-Dröhnung“ die Säureproduktion im Magen zum Überschießen (auch die momentan in den Kaffeemaschinen brodelnde „zarte“ Variante des Nicaragua-Kaffees bringt null Beruhigung für die empfindlichen Schleimhäute, so wird versichert). Ab jetzt – und das ist die Krönung – wird auch im Restaurant des neuen Plenarsaals in Bonn ausschließlich „fair gehandelter Kaffee“ ausgeschenkt. Den Anbauern wird ein garantierter Mindestpreis gezahlt, der derzeit das Doppelte des Weltmarktpreises beträgt. Unergründlich allerdings die Rechnung, warum die Tasse Fair-Kaffee im Bundestag nicht teurer ist als der Normalo-Kaffee.

Die Rolle der Frau Sommer übernahmen die SPD-Abgeordneten Margitta Terborg und Christoph Matschie, beide Initiatoren des Kaffee-Projekts. Den ersten Schluck allerdings, ganz offiziell, nahm gestern die Haus- Frau des Bundestages, Rita Süssmuth. Der Bundestagspräsidentin schien es – jedenfalls im Visier eines Dutzend Kameras – zu munden. Die üblichen warmen Worte der nachfolgenden Pressekonferenz im noch wärmeren verglasten Halbrund des Restaurants ließ die probetrinkende Journaille weitestgehend kalt. In der Kaffeerunde allenthalben anerkennendes Nicken mit Kennermiene, fast so schön wie in der Werbung.

Das Urteil der Bonner taz- Mitarbeiterin (Tee-Trinkerin mit Kaffeevergangenheit): Gesamtnote reizend. Myriam Schönecker