Persilschein für den Stadtwerke-Vorstand

■ Wedemeier: Keine Kritik an Stadtwerke-Vorstand / Ausschuß bekam nicht den Original-Beleg über SPD-Spende

„An dem Verhalten des Vorstandes gibt es nichts zu kritisieren“, mit diesem überraschenden Persilschein verblüffte Stadtwerke-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Wedemeier am Dienstag abend die Journalisten, die fünf Stunden auf das Ergebnis der SPD-internen „schonungslosen Offenheit“ gewartet hatten. (vgl. a. Seite.5) Daß Wedemeier nichts zwischen sich und den Stadtwerke-Vorstand kommen läßt, ist schon merkwürdig: Daß der Stadtwerke-Vorstand im Dezember 1991 den Bremer SPD-Geschäftsführer und den Schatzmeister über die brisante Parteispende informierte, nicht aber den Aufsichtsratsvorsitzenden und Bürgermeister Wedemeier — kein Problem? Der SPD-Geschäftsführer weiß im Voraus, daß im April 1992 schon die zweite Spendenrate fließt. „Es ist kein Schaden, wenn er mich darüber nicht informiert hat“, sagt Wedemeier.

Im Juni 1992, als die erste Rate öffentlich wird, ist es plötzlich doch ein Schaden und löst hektische Aktivitäten aus: Klammheimlich, verabredet der geschäftsführende SPD-Landesvorstand, soll die Rückführung der zweiten Spenden-Rate betrieben werden. Der Bürgermeister will davon nichts erfahren haben. „Richtig selbständig gehandelt“ habe der SPD-Vorstand, scherzt Wedemeier.

Daß Stadtwerke-Vorstand Willipinski am 18.8.1992 anordnet, den Billigtarif für Wedemeier rückwirkend zum 1. Juli abzustellen, am 24.8. Wedemeier in einem Brief aber schreibt, er habe das im Frühjahr rückwirkend zum 26. März den Werktarif abstellen lassen, was Wedemeier dann dem Parlament erzählt — Wedemeier bleibt dabei: „Ich kritisiere das Verhalten des Stadtwerke-Vorstandes nicht.“

Nicht weniger merkwürdig als dieses unerschütterbare Zusammenstehen ist, daß die Stadtwerke Unterlagen über Querverbindungen zwischen die Spenden und der Bremer SPD nur dann „finden“, wenn sie erwischt worden sind.

Diese brisanten Überweisungen wurden nicht wie frühere SPD-Spenden über das Stadtwerke-Spendenkonto gebucht, sondern über ein Vorstands- Sonderkonto - wegen besonderen betriebsinternen Geheimhaltung. „In einem geschlossenen Briefumschlag“, so erklärte gestern der Chef der Buchhaltung, Wöltjen, wurden die Schecks aus dem Vorstands- Sekretariat zur Bank gebracht. Dennoch fragte die Stadtwerke- Chefsekretärin bei der SPD-Geschäftsstelle der Bremer SPD nach der Kontonummer, auf die das Geld überwiesen werden sollte. Warum fragte man nicht in der eigenen Buchhaltung?

Erst auf energische Nachfrage hatte der Auschuß einige Belege über die zweite Spendenrate erhalten. Diese Belege werfen mehr Fragen auf als sie beantworten, schrieb die taz am 23.4.93. Buchungsnummern fehlen, Eingangsstempel sind mal da, mal nicht, Beibriefe fehlen. Erst als die taz vom 29.4. über einen Brief der Bonner SPD an die Stadtwerke berichtete, „fanden“ ihn die Stadtwerke in ihren Unterlagen: im Ordner „Allgemeine Vorgänge“. Gestern mußte der Chef der Buchhaltung, Wöltjens, bei Betrachtung der Zahlungsanweisung für die zweiten 30.000 Mark einräumen: „Das ist offensichtlich nicht der Originalbeleg.“ K.W.