Ärzte behandeln Seehofer

■ 96. Ärztetag im Zeichen des Gesundheitsstrukturgesetzes

Dresden (taz) – Ganz im Zeichen der Kritik am neuen „Gesundheitsstrukturgesetz“ begann der 96. Deutsche Ärztetag in Dresden. Die 250 Delegierten befassen sich im Auftrag von 307.994 ÄrztInnen auf der gestern begonnenen Arbeitstagung vor allem mit den Konsequenzen dieses Gesetzes und mit der für 1995 von der Bundesregierung angekündigten angekündigten zweiten Gesundheitsreform. In einem Antrag der Bundesärztekammer wird der Gesetzgeber aufgefordert, die Regelungen des Seehofer-Gesetzes „spätestens in der nächsten Reformstufe zu revidieren.“

Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer hat in Dresden gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung bereits davor gewarnt, die Gesundheitsreform zu „blockieren“ und einen „vorsichtigen Umgang mit Begriffen“ angemahnt. „Wir bekommen die größten Probleme, dem Bürger mehr Eigenverantwortung zuzumuten, wenn gleichzeitig von Ärzten immer wieder von Rationierung gesprochen wird“, erklärte er zur Debatte über die umstrittenen Arzneimittel- Richtlinien. Ärzte hätten den Vorteil, „im Vergleich zu Politikern viel glaubwürdiger zu sein“, deshalb sollten sie „ihre Worte auf die Waagschale“ legen.

Die Finanzprobleme der Krankenversicherungen könnten nicht durch Ausweitung der Versicherungspflichtgrenzen oder durch Erschließung neuer Beitragsquellen gelöst werden, erklärte Ärztepräsident Vilmar in seiner Eröffnungsrede. Statt dessen sollte auf „überbordenden Sozialbarock“ und „Sozialnischen“ verzichtet werden, um das „hohe gesundheitliche Versorgungsniveau“ zu erhalten.

„Unbedingt vermieden“ werden sollte jedoch, Leistungen „zuzuteilen“ oder „zu rationieren“, oder ganze Alters- und Krankheitsgruppen „aus der Solidargemeinschaft auszugrenzen“. Einer „Renaissance von Sozial-Darwinismus“ werde sich die Ärzteschaft entgegenstellen. dek