■ Das Portrait
: Hiroshi Nakajima

Von Hiroshi Nakajima hätte Björn Engholm noch lernen können: Wie man sein Amt trotz zahlreicher Skandale und massiver Bestechungsvorwürfe erfolgreich verteidigt – neben denen die Falschaussage vor dem Kieler Untersuchungsausschuß tatsächlich als „Petitesse“ erscheint. Am Mittwoch wurde der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wiedergewählt, wenn auch mit hauchdünner Mehrheit. Der 64jährige Japaner konnte 93 der 185 Mitgliedsstaaten für sich gewinnen, 58 stimmten gegen ihn.

Hätten die 1.500 MitarbeiterInnen der WHO über ihren Chef der nächsten fünf Jahre entscheiden dürfen, müßte Dr. Nakajima jetzt in seine Neurologen-Praxis nach Tokio zurückkehren. In einer gerade veröffentlichten Umfrage stellt ihm die Belegschaft ein schlechtes Zeugnis aus: 73 Prozent beklagen, die Arbeitsmoral sei in den Keller gesunken; 55 Prozent glauben, die WHO sei während seiner ersten fünf Amtsjahre zu einer „ineffektiven Organisation“ geworden.

T. Faras/WHO

Den Generaldirektor, der in den letzten Jahren mißliebige Mitarbeiter selbstherrlich gefeuert hatte, scheint diese Kritik nicht anzufechten. Er war sich seiner Wiederwahl sicher. Die Pharmakonzerne und die Mafia Japans sowie die Regierung in Tokio, für die ein Verbleib Nakajimas auf dem WHO- Posten längst zur Prestige- Frage geworden ist, hatten die Weichen gestellt.

Wie schon vor fünf Jahren wurden auch diesmal die Stimmen der Vertreter zahlreicher Dritte-Welt-Staaten gekauft. Innerhalb der WHO verbesserte Nakajima seine Chancen mit der Vergabe von Honoraraufträgen an Vertreter bestimmter Staaten. Dies stellt ein am Mittwoch vorgelegter Prüfbericht des britischen Rechnungshofes fest. Auch die Bonner Regierung, die mit den anderen EG-Staaten und den USA ehedem seine Abberufung forderte, suchte er durch die Weiterbeschäftigung pensionsreifer deutscher WHO-Mitarbeiter zu besänftigen. Tatsächlich formulierten die Vertreter der EG- Staaten und der Clinton-Administration – die aus übergeordneten Gründen einen Konflikt mit Tokio vermeiden will – vor der Abstimmung nur noch milde Kritik am Zustand der Organisation, ohne namentliche Erwähnung Nakajimas. Der hat jetzt weitere fünf Jahre Zeit, die WHO zu ruinieren. Andreas Zumach