Sparschwein Krause endlich geschlachtet

■ Kohl muß nach der Umzugsaffäre seinen Günstling und Verkehrsminister feuern / Forschungsminister Wissmann Nachfolger

Bonn (taz) – Günther Krauses Entscheidung, auf Staatskosten in seinen mecklenburgischen Heimatort Börgerende umzuziehen, hat sich als überraschend weitsichtig herausgestellt. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zog gestern die Konsequenz aus dem Bekanntwerden der jüngsten Krause-Affäre und entließ seinen dynamischen Alibi-Ostler aus dem Amt des Bundesverkehrsministers. Als Nachfolger wurde Forschungsminister Matthias Wissmann genannt, dessen Amt laut der Nachrichtenagentur dpa der Neubrandenburger CDU-Abgeordnete Paul Krüger übernehmen soll.

Vorgestern war bekanntgeworden, daß sich Krause im Sommer 1991 einen Umzug von Berlin nach Börgerende von seinem Ministerium hatte bezahlen lassen. Helmut Kohl, der noch am gleichen Tag von Verkehrsministerium und Innenministerium einen Bericht über den Vorgang verlangt hatte, bestellte Krause gestern vormittag zu einem Gespräch ins Kanzleramt. Über das Ergebnis vereinbarten Kanzler und Verkehrsminister bis zum frühen Abend Stillschweigen. Nach einem Treffen von Kohl mit CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble galt eine Abberufung Krauses jedoch bereits gestern nachmittag als sicher.

Kohl hatte ihn bereits am 20. April als Konsequenz aus der sogenannten „Putzfrauen-Affäre“ aufgefordert, die „Erfahrungen der letzten Wochen“ in Zukunft zu berücksichtigen. Der Minister selbst zeigte in einem gestern erschienenen Interview mit der Bild-Zeitung zunächst noch wenig Schuldbewußtsein. „Ich habe nicht mehr getan, als die zuständige Stelle meines Hauses um Prüfung zu bitten, ob die reinen Speditionskosten erstattet werden können“, erklärte Krause. Unter der Überschrift „Minister Krause: Meine Ehe, meine Affären, meine Putzfrau“ zitierte die Boulevardzeitung den Minister mit den Worten: „Überspitzt formuliert, muß ich mich doch fragen, ob Politiker überhaupt noch Kindergeld oder Steuererleichterungen in Anspruch nehmen dürfen. Ich habe mit meiner Familie über die ganze Geschichte lange geredet. Wir haben beschlossen, uns jetzt nicht aus Angst, in irgendein Fettnäpfchen zu treten, nicht mehr wie normale Menschen zu benehmen.“ Heute erklärte er nach seiner Entlassung: „Ungeachtet der unterschiedlichen Auslegungen des Bundesministergesetzes übernehme ich die politische Verantwortung. Um Schaden von der CDU und der Bundesregierung abzuwenden, habe ich um meine Entlassung gebeten.“

Als erster ostdeutscher CDU-Abgeordneter hatte gestern Rainer Eppelmann von Krause verlangt, sich die Frage zu beantworten, ob er noch glaubwürdig sei. „Denn: Wer selber unglaubwürdig geworden ist, kann auch keine glaubwürdige Politik mehr machen.“ Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Hermann Gröhe, hatte die Abberufung des Ministers verlangt.

Mitleid mit Krause bezeugte der niedersächsische Bundesratsminister Jürgen Trittin (Grüne). „Eigentlich ist er ungerecht behandelt worden“, sagte Trittin in Bonn. Krause hätte für seinen „Kahlschlag“ in der Verkehrspolitik mindestens soviel Protest verdient wie für seine Skandale. hmt Seiten 2 und 10