„So was dürfen wir nicht verbieten“

■ Paul Gleye, Städtebauprofessor an der Montana State University (USA), z.Zt. am Dessauer Bauhaus

taz: Herr Gleye, Sie sagten einmal, daß Sie den Saalepark für ein „vielversprechendes Modell“ halten. Was ist daran „vielversprechend“?

Paul Gleye: Der Saalepark ist kein vielversprechendes Modell. Ich halte ihn eher für problematisch. Aber er dient zur Auseinandersetzung mit den Herausforderungen moderner Städte. Wenn täglich rund 35.000 Menschen den Saalepark besuchen, erscheint es nicht hilfreich, wenn Stadtplaner sagen: Das geht so nicht! Natürlich geht das! Wenn etwas so populär ist und Bedürfnisse befriedigt, dürfen wir es nicht verbieten.

Aber die Bedürfnisbefriedigung legitimiert doch nicht ein stadtzerstörerisches, verkehrsträchtiges und unökologisches Prinzip.

Der Saalepark bietet die Chance, zu lernen, wie wir es in den modernen Stadtzentren richtig machen könnten. Die Herausforderung für die Stadtplaner ist, den Erfolg des Einkaufszentrums der Stadt zurückzugeben. Die Stadtplaner können vom „Prinzip Saalepark“ lernen, wie Stadt erfolgreich organisiert werden kann. Und dabei geht es auch um Gewinne. Aber das spielt für die Konsumenten keine Rolle, sondern nur für Planer und Investoren.

Bedeutet das „Prinzip Saalepark“ nicht eher, daß man sich Stadt so vorstellen muß: als Inszenierung, unbewohnt und nur auf Verwertung ausgerichtet?

Der Saalepark ist Wellblecharchitektur. Die Symbole sind oberflächlich. Aber die Planer haben etwas gefunden, damit die Besucher des Saaleparks ihn mit der Stadt verwechseln. Das ist die Botschaft. Die Retortenstadt auf der grünen Wiese macht den Städtern vor, was schön ist. Alles Schöne wird in die Stadt übernommen, anderes bleibt außen vor.

Der Saalepark verschönert die umliegenden Städte nicht. Im Gegenteil, er wirkt zerstörerisch. Zieht er nicht Menschen, Lebendigkeit und Kapital ab?

Das stimmt. Aber hier stellt sich wieder das Eingangsproblem. Eine demokratische Gesellschaft kann ihre Mitglieder nicht zwingen, nur in ihrem Dorf oder ihrer Stadt einzukaufen. Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Aber ich glaube, daß alles heute diskutiert werden muß. Im Endeffekt geht es um Überzeugung. Die Menschen, die in den umliegenden Dörfern und Städten des Einkaufszentrums wohnen, müssen überzeugt werden, daß es in diesen Städten etwas zu retten gibt. Doch dafür muß man sich engagieren. Und engagieren kann man sich, indem man Geld ausgibt.