Eine Salamischeibe nebst Artikel 16 Grundgesetz

■ Generalprobe für den „Tag X“ zur Asylrechtslesung im Bundestag ging daneben / Gottesdienst stößt wegen angeblicher Gefahr durch Autonome auf Widerstand

Bonn (taz) – Für Theaterleute ist es ein gutes Omen, wenn die Generalprobe danebengeht. Das Gleiche erhoffen sich auch die Veranstalter der Bonner Aktionen zum Tag X, voraussichtlich der 26. Mai, an dem der Bundestag in 2. und 3. Lesung dem Asylrechtsartikel 16 des Grundgesetzes den Garaus machen wird.

Gestern nämlich probten sie in unmittelbarer Nähe zur Bonner Bannmeile – Hommage an den Verpackungskünstler Christo – die Verhüllung des Kunstmuseums. Wie gesagt, es ging daneben, das Plakat wickelte sich nicht richtig auf, der Wind blies es davon. Am 26. allerdings soll es gelingen, auch wenn die teilweise Verhüllung des Bundestags, in dem die Parlamentarier dann hocken werden, nicht gestattet wurde und andere Bauten herhalten müssen. Gelungen allerdings war der gereichte Imbiß – Hommage an Bundesinnenminister Seiters – in Form einer Salamischeibe, garniert mit einer Kopie des jetzt noch geltenden Artikel 16 und gespickt mit einer kleinen Deutschlandflagge. Auch diesen Genuß wird es am 26. Mai abermals geben. Darüberhinaus wird auf einer als Flugzeug verkleideten Bühne weiteres Satirisches zur Auflösung der Grundrechte dem Publikum zum Besten gegeben werden.

Ein von der Initiative „Kirche von unten“ geplanter Gottesdienst unmittelbar vor den Toren des Bundestages wird wohl nicht in der erhofften Form stattfinden. Aus Angst vor autonomen Übergriffen auf die Abgeordneten hatte Bonns Polizeipräsident den ChristInnen zwar den Gottesdienst in der Bannmeile erlaubt, jedoch nicht in Sichtweite des Parlaments. Auch das Kölner Verwaltungsgericht ist von der Idee nicht begeistert. Die Kölner Richter zweifeln daran, daß es sich bei der geplanten Aktion um einen Gottesdienst im traditionellen Sinne handelt. Für sie stelle ein Gottesdienst in erster Linie ein Zwiegespräch zwischen Mensch und Gott dar. Dieser Gottesdienst zum Asylthema aber richte sich nach Außen und widerspräche damit dem traditionellen Charakter. Tendenz des Gerichts: Der geplante Gottesdienst ist eigentlich eine Demo. Das Urteil steht allerdings noch aus.

Die „Kirche von unten“ wird sich mit einer Teilgenehmigung nicht begnügen. „Schließlich geht es uns nicht darum, irgendwo in der Bannmeile den Gottesdienst abzuhalten“, kommentierte Tom Schmidt, Mitglied der Initiative, und: „In Deutschland werden eben nicht nur die Rechte von Ausländern beschränkt.“ Auch an Steinewürfe der Autonomen glaubt der engagierte Christ nicht. „Wir haben die gleichen Ziele und die Autonomen werden unsere Form des Protestes respektieren.“ Gegen die erwartete Entscheidung des Kölner Gerichts kündigte Anwältin Petra Velten weitere rechtliche Schritte an. J. Albrecht, H. Suliak