„Clown“ ist ein männliches Neutrum

■ Die erfolgreichste Clownin, Gardi Hutter aus der Schweiz, über das Frau- und Clownsein / Ein Gespräch

Auf dem Sofa hat sie während eines Interviews noch nie gesessen; die kleine, zierliche Frau schlägt die Beine übereinander und macht es sich bequem. Ein wulstig ausgestopftes Stoffteil liegt hinter ihr auf dem Tisch, es wird dafür sorgen, daß sie bei ihrem Auftritt heute abend auch die nötige Körperfülle mitbringt. Denn dann will sie komisch aussehen: Die Schweizerin Gardi Hutter ist „Clownin“, eine der wenigen und die wohl bekannteste im Metier und war am Dienstag zu Gast beim „Clowns-Festival“ im Ernst-Waldau-Theater.

Wie nennt sie sich nun selbst — Clownin, Clownfrau oder ganz anders? Gardi Hutter lacht: „Ich bin 'Clownerin', da stolpert man wenigstens drüber. Die Bezeichnung Clown ist zwar ein Neutrum, aber ein sehr männliches. Mit 'Clownerin' hat sich mal jemand versprochen — das hat mir gefallen.“

Gegen männliche Dominanz hat Gardi Hutter schon immer angekämpft. „Ich habe klassisches Schauspiel gelernt, wollte aber komisch spielen. Nur gab es dafür ausschließlich Männerrollen, Frauen hatten stets ein tragisches Schicksal.“

Gardi Hutter schrieb sich ihre eigenen Rollen und suchte ihre eigene Art, komisch zu sein. „Es ist doch ganz logisch, daß ich dann Geschichten einer Frau erzähle; ich bin Frau, ich habe meine eigenen Probleme, meinen eigenen Blickwinkel. Ob es so etwas wie eine weibliche Komik gibt, ist erst noch herauszufinden — wir reden vielleicht in fünzig Jahren wieder darüber, wenn es genügend 'Clownerinnen' auf der Welt gibt. Das machen wir dann hier in Bremen.“

„Jeanne d'Arppo“, die tapfere Hanna, in Gardi Hutters neuem Programm ist eine fette, häßliche Waschfrau. „Das liegt daran, daß das Frauenbild bis heute bei uns zu stark vom Aussehen geprägt ist. Frau sein heißt auch für mich zunächst einmal — ich bin sehr streng erzogen — schön, sanft und lieb sein. Meine Figuren sollen aber frech und aufmüpfig sein. Ich brauche deshalb die Brücke über die Häßlichkeit hin zu einer komischen Figur.“

Gardi Hutter interessiert das Anarchische an der „Clownerin“: Sie ist für sie wie ein lautes, unerzogenes Kind, grausam, aber unschuldig, weil unbewußt grausam, und immer bereit zu Gefühlsausbrüchen. Seit nunmehr 15 Jahren macht die Scheizerin „armes Theater“, wie sie sagt, „mittlerweile bewußt. Ich will auf der Bühne nur ein paar Spielobjekte haben, keine Dekoration, ich will mit möglichst wenigen Mitteln viel erzählen und viel Phantastisches einbringen.“ Silvia Plahl