Ökorassismus beginnt im Detail

■ betr.: "Grüne Maske, braune Seele", u.a. Intertaz vom 7.5.93

betr.: dito

Vielen Dank für die Doppelseite zum Thema Ökorassismus, das war längst mal überfällig. Um so mehr erstaunt mich in diesem Zusammenhang das Zitat „...bisher als ,liberal‘ geltenden Umweltschützer“ im Zusammenhang mit dem BUND-Vorsitzenden Weinzierl. War nicht er es, der in einem Natur-Interview (zusammen mit Bernd Lötsch) Konrad Lorenz durchgehen ließ, die Menschen des Trikont seien „Gangster“, die sich hemmungslos vermehrten, während die „ethisch wertvollen nicht so viele Kinder“ bekämen; war nicht er es, der im Oktober 1991 ein Seminar (gemeinsam mit Peter Gauweiler!) zum Thema „Folgen des Bevölkerungswachstums für die Umwelt“ abhielt?

Oder war es nicht Weinzierl, dem wir folgendes Zitat verdanken: „Nur wenn die Hauptsorge der Menschheit, die Eindämmung des Überbevölkerungsstromes, gewährleistet ist, wird es einen Sinn haben und eine Aussicht bestehen, an einer verbesserungsfähigen Umwelt zu bauen, unsere Zivilisationslandschaft zu gestalten, daß sie wert bleibt, Heimat genannt zu werden.“ (Zitiert nach: Jutta Ditfurth, „Feuer in die Herzen“).

Liberal?

Abgesehen vom Gebrauch des äußerst fragwürdigen Begriffes „Heimat“ (da kommt mir sofort die Blut-und-Boden-Ideologie sogenannter Heimatvertriebener hoch), ist es mir schleierhaft, woher Weinzierl das Recht bezieht, die Hauptsorge der Menschheit zu kennen (wie mag er wohl Menschheit definieren?). Ökologische Politik macht darüber hinaus immer Sinn, und nicht erst, wenn ein selbstherrlicher BUND-Vorsitzender seine Bedingungen für erfüllt hält. Ob die Umwelt „verbesserungsfähig“ ist, sei dahingestellt, und „bauen“ kann mensch sie bestimmt nicht. (Zum Thema Bevölkerungspolitik & Rassismus – auch unter dem Deckmäntelchen Umweltschutz – seien hier noch die Schriften von Eco.Libri empfohlen.)

Ebenso merkwürdig finde ich, daß Ihr Friedhelm Farthmann ein Zitat durchgehen laßt wie „Die größte Belastung für die Umwelt ist in der ganzen Welt... die große Zahl von Menschen.“ Zwar scheint ihm klar zu sein, daß vor allem westlicher Konsum eine Umweltbedrohung par excellence ist, nichtsdestoweniger meint er, daß die „Milliarden Menschen, die zuwachsen, die Umweltprobleme... unbeherrschbar machen“. Prima, nicht die trade terms und Zinspolitik und das hemmungslose Wachstum der umweltzerstörerischen Industrie der nördlichen Staaten sind schuld, wenn uns die Probleme über den Kopf wachsen, sondern die „Überbevölkerung“ im Trikont. Und damit wir in diesem unserem Lande auch schön so weitermachen können, behalten wir unseren Reichtum und lassen nur ja keine der ausgebeuteten TrikontbewohnerInnen rein – wegen der „Bevölkerungsdichte“.

Ökorassismus beginnt offensichtlich im Detail, auch bei Friedhelm Farthmann. Petra Hildebrandt, Hamburg

Meine volle Unterstützung findet der Kommentar über den sogenannten Ökorassismus von Franco Foracel (Zündelnde Schreibtischtäter). [...] Ich wünsche mir, daß die taz zukünftig die politische Funktion von Wissenschaft offensiv thematisiert, anstatt unkritisch auf der „Wahrheits“-Seite unterhaltsame Forschungsergebnisse wiederzugeben. M. Dick, Hamburg

Wir asphaltieren immer mehr Autopisten; wir betonieren immer größere Flugzeugrollbahnen; wir stampfen immer neue Vorstadteinkaufszentren aus dem Boden; wir frönen immer noch dem Ideal des eigenen Häuschens im Grünen; und wir zerstören immer weiter den Erholungswert unserer nächsten Umgebung, um am Wochenende mit Fahrrad auf dem Autodach ins Grüne oder im Sommer zum Gletscherski in die Alpen zu fahren!

Mit „wir“ sind natürlich die Deutschen gemeint, jawoll Herr Farthmann, „die Ausländer“ tun halt nach, was „wir“ ihnen vormachen, gell, und so tun „wir“ und „die“, auweia, Herr Farthmann, tun es also wir alle miteinander. (Merken Sie sich besonders das letzte Wort, Herr Farthmann!) Und es ist nicht die „größte Belastung... die große Zahl von Menschen“, sondern die große Verschwendung durch eine kleine Zahl von Menschen, wohl noch lange, Herr Farthmann.

Es scheint fatalerweise die ökologische Schmerzgrenze immer noch nicht erreicht zu sein, an der wir unsere Verantwortung nicht mehr länger leugnen können, statt Schwächere zu Sündenböcken zu stempeln. Allein schon, um diese Schmerzgrenze möglichst bald zu erreichen, Herr Gauweiler, stehe ich voll hinter der Devise: „das Boot ist noch längst nicht voll“. Sehen Sie, Herr Weinzierl, das ergibt sich für mich aus den „ökologischen Aspekten der Asylpolitik“.

Mein Freund ist Ausländer! Winfried Schneider, Düsseldorf