Wer einmal mit ' ner andern pennt

■ Schon wieder Strafe für Sex im Kino: „Gewagtes Spiel“

Die Dämmerung taucht den Vorort in goldgelbes Licht. Kinder spielen auf dem Rasen, ein Plausch auf der Terrasse, Vogelgezwitscher. Die Welt ist in Ordnung. Da heult ein Motorrad auf und zerstört das Feierabend-Idyll. „Wir haben wohl neue Nachbarn“, konstatiert das Ehepaar Parker.

Man lernt sich kennen. Richard Parker (Kevin Cline) trifft beim Joggen auf Eddy Otis (Kevin Spacey), man dreht gemeinsam tüchtig Runden mit dem Tourenrad, trifft sich mit den Gattinnen zum Drink, verbringt gemeinsame Stunden im Fitnesscenter, auf dem Motorboot und beim Segelwochenende. Nachbarschaft, made in USA: ein Sportsvergnügen. Richards Gattin Priscilla (Mary Elizabeth Mastrantonio) macht architektonische Verbesserungsvorschläge fürs Wochenendheim des benachbarten Ehepaars und Kay Otis (Rebecca Miller), ansonsten eine dumme Blondine, singt spätabends den Blues, daß den braven Richard das wilde Verlangen packt.

Es kommt, was kommen muß. Richard und Eddy vereinbaren einen heimlichen, nächtlichen Gattinnentausch. Richard schleicht ins Nachbarhaus, überall Rotlicht und Plüsch – die Inszenierung läßt keinen Zweifel, welch verbotenen Bezirk der Mann da betritt. Merke: Männer wie Drehbuchautor Matthew Chapman („Heart of Midnight“) meinen im Ernst, sie könnten uns glauben machen, das weibliche Geschlecht ließe sich ohne weiteres fremdes Fleisch unterjubeln, nach dem Motto: Im Tiefschlaf merken sie's eh nicht.

So weit, so bieder. Aber was wie eine verklemmte Mittelklasse- Phantasie vom Seitensprung beginnt, wird im folgenden an Spießermoral weit überboten. „Gewagtes Spiel“: eine verhängnisvolle Affaire hoch zwei. Anderntags liegt Kay ermordet auf der Seidenbettwäsche, Richard verliert Frau, Kind und Eigenheim, landet im Knast und in einem Thriller, dessen schleppendes Tempo den Verdacht nahelegt, daß es Pakula nicht um spannende Unterhaltung zu tun ist, sondern um die Verteufelung des Ehebruchs.

Eddy hatte Richard den nächtlichen Deal vorgeschlagen, folglich entpuppt er sich als eiskalter Gangster, der mit den neuen Nachbarn ein abgekartetes Spiel treibt – ein Unmensch im Gewand des harmlosen Yuppies. Merke: Wer einmal mit 'ner andern pennt, darf sich über die mörderischen Folgen nicht wundern. Um seinen Fehltritt wiedergutzumachen, muß sich der ängstliche Richard zum James- Bond-Verschnitt mausern, senkrechte Wände hochklettern und blutige Schlachten schlagen. Durchtrainiert ist er ja.

Noch ein Film, der vorgibt, von sexueller Begierde zu erzählen und davon, was geschieht, wenn ein Mann seine geheimen Wünsche auslebt. „Gewagtes Spiel“ zieht den gleichen Schluß wie „Body of Evidence“: eheliche Treue, und sei sie mit Langeweile verbunden, ist dem Abenteuer bei weitem vorzuziehen. Nur wer seine Triebe unterdrückt, verdient ein Leben in Frieden und Freiheit. Die Zeit, als „Thelma und Louise“ sich die Freiheit nahmen, die ihnen nicht zustand, ist längst vorbei. Christiane Peitz

Alan J. Pakula: „Gewagtes Spiel“. Mit Kevin Kline, Rebecca Miller u.a., USA 1992, 90 Min.