Nahost-Karussell darf weiterdrehen

Die neunte Gesprächsrunde zwischen Israel und den Palästinensern ist ergebnislos zu Ende gegangen / US-Vermittlung erfolglos / Nächste Station: Die zehnte Runde  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Weder die vielgerühmte „neue Sachlichkeit“ bei den palästinensisch-israelischen Gesprächen in Washington noch die zahlreichen optimistischen Erklärungen der amtlichen Delegationssprecher und die intensiven Bemühungen amerikanischer Beamter, die jetzt erstmalig als „aktive Partner“ am Verhandlungsprozeß beteiligt sind, haben die am Donnerstag abend beendete neunte Runde der Nahost-Gespräche vor einem Mißerfolg bewahren können.

Zwar schien es am Beginn der diesmal ganz auf die palästinensisch-israelische Gesprächsrunde konzentierten Verhandlungen möglich, eine gemeinsame Grundsatzerklärung über die palästinensische „Autonomie“ auszuarbeiten, die dann als Grundlage für den weiteren Verhandlungsprozeß dienen sollte. Die Gegensätze in den von Israel und von den Palästinensern separat formulierten Papieren waren jedoch zu tief.

Ein vom US-Außenministerium in letzter Minute vorbereiteter Kompromißvorschlag war nur mit Israel abgesprochen, nicht aber mit der palästinensischen Seite. Dementsprechend stützte er sich in erster Linie auf Formulierungen der israelischen Delegation, was zu seiner Ablehnung durch die Palästinenser führte. – Der israelische Außenminister Shimon Peres wies jedoch gestern darauf hin, daß es wenigstens zu sachlichen Diskussionen gekommen war und daß zu einzelnen Themenbereichen drei Arbeitsgruppen gebildet werden konnten. Peres meinte weiter, die Schwierigkeiten seien auch darauf zurückzuführen, daß die palästinensischen Verhandlungspartner unter starkem Druck ihrer Bevölkerung stehen. Sogar das Leben der Delegierten sei bedroht.

Auch ein Jerusalemer Berater der palästinensischen Delegation, der Jurist und Journalist Ziad Abu Zyad, betonte nach Abschluß der Gespräche, daß es sich um keinen Abbruch, sondern einen „Mißerfolg“ handele. Es gebe zwar keine Vorbedingungen für die Fortsetzung der Verhandlungen, aber es sei klar, daß die Erfolgsaussichten gering blieben, wenn „Hindernisse“ wie die verschärften Verletzungen der Menschenrechte in den besetzten Gebieten oder deren fortdauernde Abriegelung fortgesetzt würden. Nach Schätzung palästinensischer Wirtschaftsexperten hat der erste Abriegelungsmonat April der palästinensischen Bevölkerung einen wirtschaftlichen Schaden von mindestens 100 Millionen Dollar zugefügt.

Nach Meinung der arabischen Verhandlungsdelegationen hängt der Zeitpunkt einer Wiederaufnahme der Verhandlungen nun vom einem gemeinsamen Beschluß der arabischen Außenminister zusammen mit den Palästinensern ab. Im US-Außenministerium wird der 14. Juni als das erwünschte Datum für den Beginn der nächsten, der zehnten Verhandlungsrunde angegeben.

Aufgrund der ausbleibenden Fortschritte in den israelisch-palästinensischen Gespräche ist auch in den laufenden Verhandlungen mit den arabischen Ländern, vor allem denen mit Syrien, kein Ergebnis erzielt worden.

In Jerusalem wird angenommen, daß noch vor der nächsten Verhandlungsrunde ein hoher US- Beamter die Hauptstädte des Nahen Ostens bereisen wird, um zukünftige Erfolge zu sichern. In erster Linie soll der Wortlaut der gemeinsamen israelisch-palästinensischen Grundsatzerklärung diskutiert und festgelegt werden. Davon hängt der Fortschritt in den anderen bilateralen Nahost-Verhandlungsrunden ab.

In diesem Zusammenhang fordert Washington von Israel einige weitere „Gesten des guten Willens“. So scheint eine Haftentlassung von älteren und kranken palästinensischen Gefangenen bevorzustehen.