Sind Schwaben dümmer als Portugiesen?

■ Wie eine Stuttgarter Firma vergeblich Portugals Sozis bestach / 606.000 Mark weg

Lissabon (taz) – Wenn in Deutschland Sozialdemokraten politischen Einfluß für gute Geschäfte nutzen, heißt das „Genossenfilz“. In Portugal sagt man „Sozialistische Familie“. Und beim Geschäftemachen kommen sich selbst schwäbische Kapitalisten und alte lusitanische Sozialisten schnell nahe.

So im Fall des Stuttgarter Consulting-Unternehmens „Weidleplan“ und der Lissabonner Marketing-Firma „Emaudio“. António Strecht Monteiro, „Weidleplan“-Repräsentant in Portugal, wollte seine Verbindungen zu den illustren „Emaudio“-Teilhabern nutzen, um für seine Stuttgarter Auftraggeber ein Riesengeschäft an Land zu ziehen: den Bau eines Flughafens in der portugiesischen Kolonie Macau. Allerdings ohne die lästige und womöglich vergebliche Mühe einer Beteiligung am Ausschreibungswettbewerb, sondern durch Bestechung des Gouverneurs von Macao, Carlos Melancia.

606.000 Mark hat „Weidleplan“ gezahlt. Melancia, inzwischen seines Gouverneurspostens enthoben, muß sich nun in Lissabon wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit vor Gericht verantworten.

Kungeln mit dem Präsidentensohn

Die Firma Emaudio ist ein reines Produkt der „Sozialistischen Familie“. Melancia, ein alter Freund des einstigen Generalsekretärs der Sozialistischen Partei und derzeitigen portugiesischen Staatspräsidenten Mário Soares, von dem er auch zum Gouverneur ernannt worden war, gründete das Unternehmen zusammen mit dem Mitgründer der portugiesischen Sozialistischen Partei, Rui Mateus, sowie João Soares, Sohn des derzeitigen sozialistischen Staatschefs von Portugal, Mário Soares.

Weidleplan-Vertreter Strecht Monteiro, über eine Freundschaft seines inzwischen verstorbenen Vaters mit Mário Soares mit der „Sozialistischen Familie“ verbandelt, bat diese Teilhaber, ihm die Tür zum Gouverneurspalast von Macau zu öffnen. Seinen Angaben zufolge bekam er von Weidleplan- Direktor Peter Baier einen Scheck der Stuttgarter Landesgirokasse über 606.000 Mark, ausgestellt am 2. Januar 1989. In Portugal wechselte Strecht den Scheck in 50 Millionen Escudos Bargeld und leitete den Betrag an die Emaudio-Teilhaber weiter. Diese wieder sollten das Geld dem Macao-Gouverneur Melancia übergeben.

Doch am Ende guckten die Stuttgarter in die Röhre. Den Auftrag zum Bau des Flughafens bekam eine französische Firma, die sich ganz reell am Ausschreibungsverfahren beteiligt und einen besseren Entwurf vorgelegt hatte.

Nun wollten sie wenigstens ihr Bestechungsgeld wiederhaben. Am 18. Oktober 1989 schickte Weidleplan ein Fax an Gouverneur Melancia mit der Aufforderung, die 50 Millionen Escudos zurückzuzahlen. Doch der dachte gar nicht daran. Vor Gericht sagte er vielmehr aus, er habe das Geld nie erhalten. Dann wäre es also bei den Vermittlern von Emaudio „hängengeblieben“. Eine Version, die die Emaudio-Teilhaber kategorisch zurückweisen. Das Geld jedenfalls ist verschwunden.

Warum Weidleplan den Auftrag letztendlich nicht erhalten hat, ist während des Prozeßverlaufs noch nicht ans Tageslicht gekommen. Vielleicht, weil sich Emaudio-Teilhaber Mateus mit Melancia inzwischen wegen anderer Geschäfte zerstritten hatte und beide nicht mehr miteinander konnten.

Die Weidleplan-Direktoren Peter Baier und Richard Weidle sollen sich Anfang Oktober in Lissabon wegen des Vorwurfs der Bestechung verantworten. Doch bisher ist es der Staatsanwaltschaft nicht gelungen zu beweisen, daß Ex-Gouverneur Melancia das Geld der Schwaben wirklich erhalten hat. Das Fax mit der Rückzahlungsforderung reicht als Beweis nicht. Und wenn Melancia vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen wird, wird es auch kein Urteil wegen Bestechung geben. Theo Pischke