Frischluft nur im Verkehrsgewühl?

■ Streit um den Sommersmog: Hilft Fahrverbot oder verstärkt es den Ozongehalt?

hier Stau-Foto

Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt, und mit ihr wird auch die Ozonbelastung in der Stadt wieder steigen. Dann blickt die Bremer Umweltbehörde gespannt nach Heilbronn. Denn dort startet diesen Sommer ein Pilotprojekt, dessen Ergebnisse auch in Bremen für Konfliktstoff sorgen könnten: Nützt Fahrverbot für Autos gegen Sommersmog?

Was auf den ersten Blick logisch erscheint — der Verkehr produziert Ozon, ein Fahrverbot vermindert die Belastung — ist vielleicht doch nicht so einfach. Sommersmog entsteht, wenn aus den Autoabgasen Stickoxid und Kohlenwasserstoffen unter Sonneneinstrahlung in komplizierten chemischen Reaktionen Ozon entsteht. Doch gleichzeitig baut das Stickoxid aus den Auspufftöpfen auch wiederum das Ozon ab — und sorgt für Sauerstoff. Es entsteht die bizarre Situation, daß die Ozonbelastung im Garten höher ist als an der Hauptverkehrsstraße.

Ein lokales Fahrverbot, das erst bei Erreichung der Grenzwerte ausgesprochen wird, verbessere daher die Situation nicht, sagt Adelheid Hirsch, Leiterin des Referats Immisionsschutz beim Umweltsenator. Im Gegenteil: wenn die Autos nicht mehr fahren, wird auch Ozon nicht mehr so schnell in Sauerstoff umgewandelt. Unterstützung bekommt Hirsch dabei vom Umweltbundesamt Berlin: „Eine geringe Änderung der NOx-Emissionen führt in der Regel zu höheren Ozonkonzentrationen. Erst sehr hohe NOx- Minderungen bewirken eine Abnahme des Ozons.“

Für den grünen Umweltsenator Ralf Fücks kann daher „nur langfristiges und großräumiges Umdenken“ den Sommer erträglicher machen. „Das Einzige, was gegen die Ozonbelastung wirklich hilft, ist bundesweit eine spürbare Verringerung des Autoverkehrs“, erklärte Fücks.

Ob nicht doch lokal etwas gegen den Sommersmog zu unternehmen ist, will der baden-württembergische Umweltminister Harald Schäfer (SPD) untersuchen lassen. Im Sommer wird in der Region Heilbronn/Neckarsulm eine großangelegter Versuch durchgeführt: bei Erreichen des Ozongrenzwertes soll ähnlich wie bei der Smog-Verordnung ein lokal und zeitlich begrenztes Fahrverbot für Autos ohne Kat und Lkw verhängt werden, die Industrie will dann ihren Schadstoffausstoß freiwillig senken.

Grundlage für den Versuch ist ein Pilotprojekt aus dem letzten Jahr. Damals ergaben Messungen in dem „ausgewiesenen

hier zweites

kleines

stau-foto

Smog-Gebiet“ Heilbronn, daß Ozon stärker als vermutet im Ballungsraum selbst gebildet wurde. Wenn das stimmt ...

„... dann würden wir hier in Bremen sofort ein Fahrverbot verhängen“, sagt Adelheid Hirsch. Doch eigentlich müßte ein wirkungsolles Verbot „von den Niederlanden bis Polen“ reichen und „ganzjährig den Ausstoß von Schadstoffen um fünfzig Prozent senken.“

Der Hinweis auf den großen Rahmen darf dagegen nach Meinung der Grünen Elisabeth Hackstein nicht als Entschuldigung für lokale Untätigkeit herhalten. „Bremen muß einerseits mit anderen Ländern in Bonn für eine bundesweite Ozonschutzverordnung kämpfen. Aber wir müssen auch lokal mit Fahrverboten und Geschwindigkeitsbegrenzungen reagieren.“ Fücks verlege sich auf die langfristige

hier die gefaxte

Ozon-Zeichnung

Perspektive, weil er mit einem Fahrverbot Krach mit dem Ampelpartner FDP bekäme.

Der CDU-Verkehrsexperte Helmut Pflugradt dagegen hält ein Fahrverbot für „wenig hilfreich“ — allerdings aus anderen Motiven als der Umweltsenat: „Die Leute müssen ja das Auto benutzen. Heute fährt doch keiner mehr zum Spaß mit dem Wagen.“

Als „Zugeständnis an das Auto“ hat dagegen Johannes

Spatz, Arzt und Beschäftigter beim Gesundheitssenator, den geltenden Ozongrenzwert kritisiert. Schon bei einer Konzentration von 100 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft würden Augenreizungen und Kopfschmerzen beginnen, bei Kindern reiche eine Konzentration von 120 Mikrogramm für Einschränkungen der Lungenfunktion. Bei 200 Mikrogramm gebe es Anzeichen für eine krebserregende Wirkung von Ozon. B. Pötter