Verkauf der Stadtwerke „kurzsichtig“

■ taz-Gespräch mit Klaus Traube über den Ausstieg und die Bremer Energiepolitik

Herr Traube, sitzen Sie als Leiter des Bremer Instituts für Kommunale Energiepolitik in der Diskussion über den Ausstieg aus der Atomenergie nicht am ganz anderen Ende der Leitung?

Klaus Traube: Das ist ja kein kommunales Energie-Institut, sondern ein Institut für kommunale Energiewirtschaft, und das hat sehr viel auch mit den größeren Strukturen in der Energiedebatte zu tun.

Haben Sie in dieser Funktion mit der Ausstiegsdebatte zu tun?

Nicht so sehr. Diese Debatte interessiert uns als Institut nur am Rande, aber um sie mal in einen Kontext zu bringen: Wir arbeiten als Institut beispielsweise derzeit an einer Studie für die Bundestags- Enquete-Kommission zum Schutz der Erdatmosphäre über die künftigen Möglichkeiten — des Ausbaus der Stromerzeugung in Kraft- Wärme-Kopplung. Und das hat eine ganze Menge damit zu tun, wie sich eine Elektrizitätswirtschaft gestalten könnte, wenn die Atomenergie abgeschafft würde.

Bei dieser Debatte fällt schnell die Forderung nach regionalen Versorgungseinheiten. Jetzt hat der Bremer Finanzsenator Kröning gerade vorgeschlagen, daß man Bremer Aktienanteile an den Stadtwerken verkaufen könnte, und zwar an die Preußen-Elektra. Das muß Ihnen einen kleinen Stich gegeben haben.

Er hat das nicht so unverblümt gesagt, aber immerhin gibt es Andeutungen. Ich finde das kurzsichtig. Es läuft da eine Welle, die angestoßen wurde durch den Verkauf der Stadtwerke Hannover. Was das bedeutet, das müßten Bremer eigentlich noch wissen, wenn Sie sich zurückerinnern an das Jahr 1986, als die Stadtwerke zum Ausbau der Fernwärme das Heizkraftwerk in Hastedt bauen wollten und die Preußen-Elektra mit unglaublichen Ellenbogen und Dumping- Preisen versuchte, das zu verhindern und den eigenen Strom liefern zu können. Das ist ganz konträr zu einer Energiepolitik, wie sie auch vom Bremer Senat immer vertreten wird, die darauf setzt, daß eine umweltverträgliche Energiestruktur entsteht. Und die bedeutet: Ausbau der eigenen Stromerzeugung, aber in Kraft- Wärme-Kopplung, Ausbau der Fernwärme.

Sie kennen ja aus Ihrer eigenen Biographie auch die Mentalität der Kernenergie-Produzenten. Wie schätzen Sie die Konsens- Gespräche ein?

Ich denke, daß die drei Herren, die da ursprünglich zusammen gesessen haben, also die Vorstandsvorsitzenden von Veba und RWE und Ministerpräsident Schröder, sich etwas zusammengebastelt haben, von dem sie glaubten, das wäre

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aus Berlin

Klaus Traube

machbar. Auf der einen Seite stand da: Die sozialdemokratisch regierten Ländern sichern zu, daß die Entsorgungsrichtlinien auf neue Grundlagen gestellt werden. Damit wäre die Gefahr gebannt für die Kernkraftwerke, bei anderen politischen Konstellationen in Bonn ihre Genehmigungsgrundlage wegen fehlender Entsorgung zu verlieren. Andererseits lautet das Angebot: Wir haben kein Interesse daran, neue Kernkraftwerke zu bauen, wenn wir Zugriff auf Importkohle haben. Für Schröder ist wichtig, daß man innerhalb eines solchen Kompromisses auch Gorleben aufgibt. Für ihn wäre das ein großer innenpolitischer Erfolg. Der Knackpunkt war: Beide Seiten haben die Brisanz nicht erkannt, die sich energie- und umweltpolitisch daraus ergab, daß Schröder in diesem Kompromiß jetzt auch dafür eintrat, anstelle großer Kernkraftwerke große Kohlekraftwerke zu bauen. Das kann natürlich jemand, der ernsthaft Umweltpolitik betreibt, so nicht akzeptieren. Dort wird wohl auch der Punkt liegen, an dem sich die Geister scheiden werden. Außerdem haben ja auch Hardliner der Atomindustrie diese Debatte bereits abgelehnt.

Gesetzt, man will politisch regionale Strukturen in der Energieversorgung: Hat man eine realistische Möglichkeit, gegen die Energieriesen anzugehen?

Ich sehe den politischen Willen nicht. Seltsamerweise hat ausgerechnet Thatcher eine Trennung zwischen Stromerzeugung und Stromverteilung durch ein neues Gesetz geschaffen. Das steht in der Bundesrepublik nicht zur Debatte. Dieser Wirtschaftszweig ist so mächtig, daß sich niemand mit ihm anlegen will. Es müßte darum gehen, die Interessenlagen zu verändern und auf eine Generation von Managern zu warten, wie sie Bennigsen-Foerderer und Piltz beispielsweise waren. Leute, die die gesellschaftliche Brisanz dessen, was sie da treiben, erkennen und versuchen, sich da einzuordnen in eine Politik, die auch die Existenz ihres Unternehmens sichert. So stell ich mir das vor. Fragen: mad