Ohne das IOC wäre Olympia wunderbar

■ Heute wird das „Deutsche Olympische Institut“ präsentiert, gestern öffnete das „Antiolympische Institut“ seine Pforten

Es ist wie die Geschichte vom Hase und dem Igel. Der Hase rennt und rennt, und der Igel ist immer schon am Ziel. So war das, als im April das IOC-Prüfungskomitee sich von der Pro-Olympia- Stimmung in der Stadt persönlich überzeugen wollte, sich aber als erstes mit der NOlympa-„Chefin“, Jutta Demba, auseinandersetzen mußte. So war das auch gestern wieder. Einen Tag bevor in einer Senatsvilla am Kleinen Wannsee, passend zu Willi Daumes 80. Geburtstag, ein „Deutsches Olympisches Institut“ eröffnet wird, präsentierten die Igel im Haus der Demokratie ihr „Antiolympisches Institut“.

Im Gegensatz zum großen Bruder allerdings, der als „Denkwerkstatt“ die Olympischen Spiele in Berlin „geistig und wissenschaftlich begleiten will“ (so DOI-Direktor Herbert Haag), hat die Ausstellung in der alternativen Informationszentrale nur ein Ziel: nämlich die Spiele in Berlin zu verhindern. Folgerichtig wird sie daher auch am Entscheidungstag, am 23. September, abgebaut werden. Bis dahin zu sehen ist eine merkwürdig nostalgische Ausstellung. Man ist gegen die Olympiade in Berlin, weil die olympische Idee durch die Kommerzialisierung der Spiele seit 1980 und durch die falangistische Vergangenheit des IOC-Präsidenten Samaranch diskreditiert ist.

Kein einziges Foto, kein einziges Dokument beschäftigt sich mit den materiellen Belastungen einer Stadt durch Großveranstaltungen dieser Art. Stadtzerstörung, steigende Mieten, Verschuldung, Sicherheitsprobleme, wie am Beispiel Barcelona vorführbar, sind kein Thema, sondern ausschließlich das grundsätzliche Zusammenspiel von Big Business mit „Berufsfaschisten“. Die abfotografierte Plakatwand des Vereins für dezentrale Kultur mit dem Spruch „Der IOC ist ein Sauhaufen korrupter, Doping dealender Mafiosis mit faschistischer Führung“ ist sozusagen Leitmotiv der NOlympixs. Kernstück der Ausstellung ist ein permanent laufender 45-Minuten- Film der englischen Journalisten Vyv Simson und Andrew Jennings „Herr der Ringe“. Akribisch recherchiert und lakonisch präsentiert wird hier das Ende der olympischen Idee durch Geld, Macht und Doping. Minutenlang ist zu sehen, wie die IOC-Herren in allen Bewerbungsstädten ein wertvolles Präsent nach dem anderen einstreichen und von einer teuren Hotelsuite in die andere ziehen. Und überall die gleichen potenten Sponsoren wie Coca-Cola, Mars und Adidas, die devote Politiker als Werbungsträger vorführen. So gesehen, ist die Ausstellung zutiefst moralisch. Sie läßt den Schluß zu, daß Olympia 2000 in Berlin wunderbar wäre, wenn statt der IOC-Nomenklatura demokratisch gewählte Sportvertreter das Sagen hätten.

Auch die Fotos der Nazi-Propagandaspiele 1936, immerhin nehmen sie ein Fünftel der Ausstellungsfläche ein, sind für sich alleine gesehen noch keine überzeugenden Argumente gegen eine Rehabilitation von Berlin. Sie erhalten aktuelles Gewicht erst durch die gegenüber montierten Fotos von Samaranch, der in Uniform vor Diktator Franco in die Knie geht. Lokalkolorit hat lediglich das gezeigte Fragment einer Gedenktafel für Carl Diem. Dieser Diem war 1936 einer der Olympiaorganisatoren, die Ehrentafel hing bis Januar 1992 am Marathontor des Olympiastadions. Dann klaute ein nach dem damaligen Geschäftsführer der Olympia GmbH benanntes Kommando „Lutz Grüttke“ die Tafel. Sie wurde eingeschmolzen, das als Erinnerung übrigbehaltene Stückchen ziert jetzt die Ausstellung. Nach Beendigung der Schau bekommt es der Senat, der es an das Olympische Museum in Lausanne geben soll. Anita Kugler