Ganz neu: Wiegand parkt in der Hafenstraße!

■ Debatte ohne Klamauk in der Bürgerschaft / Ein FDP-Abgeordneter entdeckt seine heimliche Liebe zur Hafenstraße

/ Ein FDP-Abgeordneter entdeckt seine heimliche Liebe zur Hafenstraße

Eine Abschiedsrede, vorweggenommene Koalitionsverhandlungen, ein Boykott, ein werbender CDU- Außenseiter und eine durchaus differenzierte Debatte über die Protestaktionen der Roma in Neuengamme: Hamburgs Bürgerschaft präsentierte sich gestern in der ersten regulären Sitzung nach dem Neuwahl-Urteil des Verfassungsgerichts in ungewohnter Form.

Die Fast-Abschiedsrede hielt der Freidemokrat Frank-Michael Wiegand, der dem Parlament seine bisher verborgen gebliebene Liebe zur Hafenstraße bekannte. Auszüge: „Dem Besucher bietet sich heute ein Bild äußerer Idylle: spielende Kinder, Bewohner, die an den Häusern tätig sind (...). Sind das jetzt alles Wölfe im Schafspelz? Haben da 100 Bürgerinnen und Bürger ein perfides Komplott geschmiedet, um ihre Wohnungen für sich zu retten, nach außen friedlich, in Wahrheit gewalttätig? Viele kluge Leute in dieser Stadt glauben das nicht. Ich habe jedenfalls den Eindruck, daß ich mein Auto heute beruhigter in der Hafenstraße als am Hansaplatz oder im Karolinenviertel abstellen kann. Dialog und Konfliktlösungen sind gefragt.“

Rot-Grüne Koaltionsverhandlungen nahmen sowohl CDU, FDP als auch GAL vorweg. Kleiner Unterschied: Während die CDU prophezeite, daß Grüne und Rote sich auf den Abriß von zwei Häusern einigen würden, um die vier anderen stehen zu lassen, schlug die FDP einen Tausch Altenwerder/Hafenerweiterung gegen Erhalt der Hafenstraße vor. Die GAL sah das natürlich ganz anders und empfahl der SPD, das Problem der GAL zu überlassen und so die lästige Räumungsverplichtung loszuwerden. Die SPD solle auf die Hafenerweiterung verzichten.

Der CDU-Abgeordenete Ralf- Dieter Fischer nutzte derweil die Sitzung, um bei der Springer-Presse für seinen Gang zum Bundesverfassungsgericht zu werben. Fischer fürchtet angesichts des Neuwahl- Urteils um sein Mandat und möglicherweise unnütz gezahlte Abgeordneten-Büromieten. Er verpaßte deshalb die Debatte über die

Proteste der Roma in Neuengamme, in der sich sämtliche Teilnehmer darum bemühten, Klamauk zu vermeiden. CDU Sprecher Gert Boysen lobte ausdrücklich auch die Demonstranten für ihr besonnenes Verhalten, Innsensenator Hackmann verteidigte die Linie des Senats mit einem Zitat aus einer jüdischen Zeitung, in der die Besetzung Neuengammes als dem Ort nicht angemessen bezeichnet wurde. GAL-Fraktionschef Martin Schmidt: Gerade die Geschichte Neuengammes stehe für die Geschichte der Roma. Wenn die Nachkommen der Nazi-Opfer nicht auf die Gedenkstätte gelassen würden, könne man sich „die Gedenkstätte an den Hut stecken“. uex