Keine Eselsstimme

■ Die usbekische Star-Sängerin Yulduz Usmanova auf der Breminale

hier bitte die

dunkelhaarige Frau

Yuldduz UsmanovaF.:Ch.Holzapfel

In ihrer Heimat Usbekistan, zwischen Aralsee, Kasachstan, Turkmenistan und der VR China, ist sie ein Star. Im Taschkenter „Palast der Völkerfreundschaft“ trat sie vor knapp 5.000 Menschen auf — und zwar 15 Mal hintereinander. „Das Volk liebt mich“, sagt sie, „und ich liebe mein Volk“. Die Sängerin Yulduz Usmanova tritt heute abend mit ihrer Gruppe, zwei Tänzerinnen und fünf Musikern, auf der Breminale auf.

Die „Musikszene“ Usbekistans mit westlichen Maßstäben beurteilen zu wollen, ist unmöglich. Auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR sind staatliche Einflußnahmen auf die Künste an der Tagesordnung. Frau Usmanova bekommt für ihre Platten kein Geld, sagt sie. Das sackt das Monopol-Unternehmen „Staatliche Melodie“ ein. Genaue Zahlen werden von den alten neuen Machthabern und Funktionären nicht bekanntgegeben, aber 20 Millionen verkaufte Tonträger werden es schon sein, meint die Sängerin. Geld kommt nur durch Konzerte herein, auf Tourneen in China, zum Beispiel, in Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Türkei und den USA. In Deutschland ist sie bisher noch nie aufgetreten, da bedeutet Bremen eine Premiere. Und noch eine

Welterstaufführung auf der Breminale: Noch traten eine turkmenische Band (Karakum) und eine usbekische Formation zusammen auf. Übrigens: Auch wenn Yulduz Usmanova noch nie in Bremen war, die Bremenskije Mysykanti, die Bremer Stadtmusikanten kennt fast jeder in Usbekistan.

Auch wenn die Arbeitsbedingungen nach dem politischen Umschwung für Yulduz Usmanova noch schwieriger geworden sind, ins Repertoire läßt sie sich nicht hereinreden. Trotz (oder gerade wegen) Radio- und Fernsehverbot sind ihre Konzerte ständig ausverkauft. Und da liegt für sie auch das Mißtrauen der Offiziellen begründet. Ihre Popularität könnte den Beton-Funktionären gefährlich werden, wenn sie vor ihrem Publikum kritische Töne über die Machtverhältnisse anstimmte. Der Wahn geht bereits soweit, daß ihre Fanpost säckeweise verbrannt wurde.

Daß sie sich als musikalische Botschafterin ihres Landes sieht, steht außer Frage. Sie kombiniert traditionelle usbekische Folklore mit modernen Arrangements und Rhythmen. „Damit es sich für ausländische Ohren etwas vertrauter anhört“, sagt sie. Und was sagen die TrägerInnen usbekischer Ohren zu ihrer stimmgewaltigen Folklore-interpretation? „Ich bin stolz darauf, daß Dank meiner die usbekischen Ohren schon etwas umgestellt sind“.

Die Absolventin des staatlichen Konversatoriums in der Hauptstadt Taschkent singt von Kind an, traditionell orientalische Makam- Gesänge in der Hauptsache. Die klassische und volksmusikalische Ausbildung hält sie für ein unverzichtbares Fundament ihres Könnens. Nur deshalb glaubt sie, sich auch moderneren Musikformen nähern zu können. Der gesamte Volksschmerz findet sich in ihrer Musik wieder.

Volksschmerz? Aber ja, sie fühlt und leidet mit ihrem Volk, „ich atme mit ihm“. Hochzeitsmusiken singt sie ebenso wie Begräbnislieder, zu denen sie auch heute noch eingeladen wird. „Weinen hat eine ganz eigene Melodie“, meint sie und tritt auf der Stelle mit ihrer Stimme den Beweis an. „Das sind ewige Themen, denn auch der Esel hat eine Stimme, heißt es bei uns.“ Jürgen Francke