Gewerkschafts-Obulus erstattet

■ Stadtwerke-Ausschuß: Appell an Willipinskis Wahrheitsorientierung

Die Sitzung begann morgens gleich mit einer Unterbrechung, und das ging dann immer so weiter. Reichlich Beratungsbedarf hatte der Ausschuß, nachdem am Vortag die Aussagen eines Mitarbeiters aus der Umweltbehörde den Stadtwerke-Vorständler stark belastet hatten. Mit Spannung erwartete man die erneute Aussage von Jörg Willipinski: Hatte er bereits zweimal vor dem Ausschuß gelogen (vgl. taz 27.5.933)? Hatte er behauptet, den Billigtarif für Wedemeier schon längst abgestellt zu haben, als dieser ihn aber noch bezog? Hatte Willipinski wahrheitswidrig behauptet, schon längst und seit Monaten sei der Billigstrom des Bürgermeisters abgestellt — obwohl er dies erst vor Tagen, alarmiert durch Nachfragen aus der Umweltbehörde, veranlaßt hatte? Und: Ist es wirklich wahr, daß Aufsichtsrats-Mitglieder der Stadtwerke, die als Arbeitnehmer-Vertreter von ihrer Aufwandsentschädigung (4.500, seit 1988 dann 6.000 Mark jährlich) 600 Mark an die Hans-Böckler-Stiftung zahlen sollten, diese von den Stadtwerken prompt erstattet bekamen?

„Ich bitte den Zeugen, noch mal in sich zu gehen und das bisher Gesagte zu überprüfen auf seinen Wahrheitsgehalt“, appellierte Ausschuß-Chef Weber zu Beginn unmißverständlich, womöglich werde Willipinski noch vereidigt, habe der Ausschuß einvernehmnlich beschlossen. Das hat es bisher noch nicht gegeben.

Aber Willipinski, letztes Mal als Mann ohne Gedächtnis aufgetreten, hatte gestern Erinnerungsvermögen und vor allem seinen Rechtsbeistand Bandisch zur Seite. Der wollte unbedingt verhindern, daß Willipinskt zu den Hans-Böckler-Geldern aussagte. Dabei geht aus dem Bericht der Wirtschaftsprüfer seit 1983 in jährlicher Regelmäßigkeit hervor, daß zusätzlich zu den 4.500 Mark Aufwandsentschädigung 600 Mark pro Nase gezahlt wurden für die Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat als Entschädigung für die Beiträge, die diese „für die Schulung in Aufsichtsrats-Angelegenheiten an die Hans-Böckler- Stiftung zu entrichten hatten“. Nun darf man unterstellen, daß die Philosophie dieser Abgabe, ähnlich wie das bei SPD und Grünen für FunktionsträgerInnen üblich ist, darin besteht, aus Einkünften der Mandatierten die Partei- oder eben Gewerkschaftsarbeit zu unterstützen. Für genau 4 der 10 Arbeitnehmer-Aufsichtsratmitglieder, nämlich die, die auch Arbeitnehmer der Stadtwerke waren, trug aber das Versorgungsunternehmen diese 600 Mark. Ob tatsächlich Kurse durchgeführt wurde, ob diese kostenpflichtig waren, das bleibt offen. Nach langem Hickhack war klar: Dieses 600 Mark sind von 83 bis 87 an die Aufsichtsrats-Mitglieder geflossen. Und Willipinski sagte dann doch aus: „Nicht an die Nicht-Arbeitnehmer der Stadtwerke, an mich jedenfalls nicht“. Damals war er noch nicht im Vorstand. Und das mit den 600 Mark habe er zwar im Protokoll gelesen, aber sei „nicht darüber gestolpert“. Aber es gibt auch Lernerfolge. Ob Bewirtungen wie für die SPD-kommunalpolitische Tagung zulässig seien, wenn die Stadtwerke weder teilnehmen noch einladen, wollte Teiser (CDU) wissen, ob man das heute auch bezahlen würde? Willipinski: „Nach der Diskussion — nein.“

Schadeschade: Zum Theme Werktarif und zum Thema Lüge kam man nach den vielen Unterbrechungen nicht, das kommt am 9. Juni. Claus Dittbrenner (Fraktionschef) und Konrad Kunick (Parteichef) erklärten übereinstimmend: Einfluß auf Stadtwerke-Spenden an die SOD hätten sich nicht genommen, von einem Zusammenhang mit dem Darlehen der Bundes-SPD sei ihnen nichts bekannt. S.P.