Professor prügelt Kollegen krankenhausreif

■ Das vorläufige Ende eines langen Streits um Qualifikation und Berufung / Arabisch-Studiengang ohne Sprachlehrer

„Prügelei zwischen Hochschullehrern — einer verletzt im Krankenhaus.“ Auf diese Formel ließe sich der Skandal bringen, der zur Zeit das Leben an der Hochschule Bremen beherrscht — wenn, ja wenn diese Geschichte nicht einen ebenso skandalösen jahrelangen Vorlauf hätte. Mit einer Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Totschlags wird sie außerdem mindestens ein gerichtliches Nachspiel bekommen. Verantworten muß sich Professor Fathi F. Doch auch er will Strafanzeige wegen Körperverletzung stellen. Er sei von seinem Kollegen provoziert und beschimpft worden, sagt er. Er erinnert sich nur, daß Studenten-Stimmen irgendwann „Hört endlich auf“ gerufen haben.

Der Kollege Zaradachet H. wiederum berichtet: Der Professor sei vor dem Hochschulparkplatz in der Werderstraße mit Vollgas auf ihn losgefahren. Er habe sich nur mit einem Sprung retten können. Dann kam es zur Beschimpfung und Prügelei, in deren Verlauf der Professor ihn in den Schwitzkasten genommen habe. Daß der Professor an ihm festhielt, ihn seinen unter den Körpern verklemmten Fuß nicht befreien ließ, trug Zaradachet H. einen doppelt gebrochenen Knöchel ein.

Daß besagte Hochschullehrer ein Professor und ein Lektor am Arabisch-Studiengang „Angewandte Weltwirtschaftssprachen“ sind, läßt an eine orientalische Geschichte denken. Doch dies würde längst nicht alle Fäden in diesem schier unentwirrbaren Knäuel erfassen: Mangelnde Qualifikation, ein fragwürdiges Berufungsverfahren, Nationalitäten-Konflikte, knallhartes Karrierestreben, Bettge

Zaradachet H. Foto: Katja Heddinga

schichten bis hin zum „Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen“, Unterschlagung, Beleidigung — all dies spielt eine Rolle, wird mit unterschiedlicher Vehemenz und nicht nur von den beiden Widersachern ins Feld geführt.

Längst gibt es auch unter den StudentInnen und dem übrigen Lehrkörper klare Fronten. Mit 29 von 50 Stimmen entschied

sich am Mittwoch ein Großteil der Arabisch-StudentInnen „am besten beide raus“: Sie wollen in Ruhe studieren, den Konflikt am liebsten so lösen, daß keiner der beiden bleibt. 14 dagegen wollen lediglich den Professor loswerden, dessen Unterricht vom ersten Semester an wiederholt bei der Hochschulleitung kritisiert wurde und gegen den noch andere Strafverfahren laufen.

„Was die Ursache ist, weiß niemand“, sagen nicht nur Alt-Semester, die das Drama von Anfang an miterlebt haben. Das sagt auch die Hochschulleitung. Rektor Ronald Mönch: „Es scheint ein persönliches Problem zu sein, das glücklicherweise nichts mit der Hochschule zu tun hat.“ Anfangs waren sie „ein Herz und eine Seele“, so Mönch.

Die Betroffenen sehen dies natürlich anders: „Es geht um die Einstellung von Kurden an der Hochschule“, sagt Professor Fathi F., ein in Ägypten geborener Araber, der 1962 in die Bundesrepublik kam und durch Adoption einen deutschen Familiennamen trägt. Er war zum Aufbau der Arabischen Sektion des Modellstudienganges „Angewandte Weltwirtschaftssprachen“ 1988 nach Bremen geholt worden. Er wußte, daß etwa ein halbes Jahr später eine C 2-Professur für den Studiengang ausgeschrieben werden und er „eine reelle Chance“ (so Mönch) haben würde. F. hat in Heidelberg Mathematik und Volkswirtschaft studiert.

Ein Jahr nach Einrichtung des Studienganges wurde als zweiter Lektor neben ihm ein Sprachwissenschaftler eingestellt: Zaradachet H., in Syrien gebürtiger Kurde. Er studierte in Berlin Linguistik, in den Nebenfächern Germanistik und Iranistik. Für ihn ist klar: „Ich bin dem Professor am Studiengang zu stark geworden.“ Der Professor spreche nur Arabisch mit ägyptischem Dialekt. Kein Hocharabisch, wie es Amtssprache und in Werbung und Medien verwandte Sprache aller arabischen Länder ist.

Nachdem der Professor bestimmte StudentInnen habe durchfallen lassen, sei er auf die Barrikaden gegangen. Wiederholt habe er die Qualifikation und Berufung des Professors kritisiert. Rektor Mönch: „Ich weiß von einem Formfehler.“ Bei einer neuen Bewerbung werde der Fachbereich „sorgfältiger“ vorgehen.

Da die Professur bis 1995 befristet ist, wird F. sich schon im nächsten Jahr einem neuen Verfahren stellen müssen. Spätestens dann, so Mönch, erledige sich dieses Thema von allein. Falls F. bis dahin nicht sowie so aus dem Dienst entlassen wird. Die Senatskommission für das Personalwesen ist disziplinarrechtlich bereits eingeschaltet. Birgitt Rambalski