Hoechst giftig

■ Aufräumtrupps nach Hoechst-Unfall verseucht / Neuer Störfall gemeldet

Frankfurt/Berlin (AP/dpa/taz) Arbeiter, die nach dem schweren Chemieunfall bei Hoechst in Frankfurt-Griesheim am 22. Februar zu Aufräumarbeiten eingesetzt wurden, haben offenbar erheblich größere Mengen an Giften aufgenommen, als bisher vermutet wurde. Das hessische Sozialministerium und die Hoechst AG bestätigten am Donnerstag einen entsprechenden Bericht in der Frankfurter Rundschau. Bei Untersuchungen sollen im Urin von fast 200 Arbeitern „relativ hohe Mengen“ von Nitrophenol, einem Abbauprodukt des als krebsserregend geltenden o-Nitroanisols, festgestellt worden sein.

Inzwischen wurde bekannt, daß von Hoechst eingesetzte Leiharbeiter bei den Aufräumarbeiten nach dem Unfall ohne die vorgeschriebene Schutzkleidung beobachtet worden sein sollen. Das hessische Arbeitsministerium führt die nach Angaben des Landesgewerbearztes der Behörde, Ulrich Bolm-Audorff, „erstaunlich hohen Werte“ auf „offensichtlich mangelhafte“ Schutzmaßnahmen bei den Arbeitern zurück.

Zehn Tonnen Nitroanisol hatten sich nach dem Chemieunglück als klebrig-gelber Niederschlag auf die südlich des Griesheimer Hoechst-Werks gelegenen Frankfurter Stadtteile Schwanheim und Goldstein gelegt und war von Reinigungstrupps in tagelanger Kleinarbeit entfernt worden. Die Hoechst AG sucht nach Informationen der taz inzwischen Möglichkeiten zur Endlagerung oder Verbrennung von fast 5.000 Kubikmetern Boden, der bei dem Unfall am 22. Februar mit o-Nitroanisol versucht wurde.

Am Mittwoch nachmittag ist es erneut zu einem Unfall bei der Hoechst AG gekommen. Aus einem Farbenbetrieb im Hauptwerk traten etwa zehn Kilogramm Stickoxid aus. Der Stoff sei über ein Auslaßrohr freigesetzt worden, teilte das Umweltministerium in Wiesbaden mit, das sich auf Angaben der Hoechst AG bezog.

Eine Beeinträchtigung außerhalb des Werksgeländes sei wegen der Entfernung offenbar auszuschließen, hieß es weiter. Die Firma Hoechst habe den unmittelbar am betroffenen Gebäude gemessenen Stickoxid-Wert mit 0,5 ppm (parts per million) angegeben, der Grenzwert liege bei fünf ppm.

Das Amt für Immissionsschutz habe die Anlage bis zur Klärung der Ursache stillgelegt, teilte das Ministerium mit. Über die Wiederinbetriebnahme könne erst entschieden werden, wenn Vorkehrungen gegen eine Wiederholung eines solchen Vorfalls getroffen seien.