Revolutionsklamotte

■ Deutsch-verkrampft: Wolf Widder inszeniert "Richards Korkbein" des Iren Brendan Behan im Theater im Zimmer

des Iren Brendan Behan im Theater im Zimmer

Am Ende fragt man sich, was man eigentlich gesehen hat. Ein verkorkstes Musical, ein orientierungsloses Volksstück oder eine schlecht gelüftete Revolutionsklamotte über den irischen Befreiungskampf? Wolf Widders Inszenierung von Brendan Behans unvollendetem Stück Richards Korkbein im Theater im Zimmer weist hier leider keinen Weg.

Worum es in dem Stück eigentlich geht, bleibt ebenso verschwommen wie die einzelnen Charaktere. In Erinnerung bleiben nur die deutsch-verkrampft dargebrachte „irische“ Zotigkeit, die an den Humor von Travestie-Besuchern appelliert, und eine nimmer enden wollende Kette schlecht gespielter und mittelmäßig gesungener Songs im irischen Kolorit, welche die anscheinend nicht vorhandene Handlung ins Zweistündige strecken.

Der Hinweis im Programmheft, daß dieses lustlos hingehauene Stück Behanscher Sprache anscheinend schon im Delirium tremens kurz vor Behans Alkoholtod verfaßt wurde, erfüllt sich in Widders Inszenierung durch Hilflosigkeit. Der erste Akt versammelt zwei katholische Nutten, einen IRA-Kämp-

1fer und seinen saufseligen Gehilfen, eine bigotte Protestantin mit ihrer pubertierenden Tochter und einen schwarzen Klamauk-Othello in Funktion eines amerikanischen Bestattungs-Unternehmers auf einem Dubliner Friedhof, wo man sich auf eine ermüdend durchsichtige Art kennenlernt. Dann wird ein Faschist getötet. Im zweiten Akt versammelt sich alles in einem Wohnzimmer und säuft. Dann wird der lebenslustige Gehilfe getötet. Soweit die rheumatische Geschichte,

1die sich selbst jede Legitimität versagt, auf einer Theaterbühne zu erscheinen.

Wohl deswegen greift Widder so tief in den Topf der Geschmacklosigkeiten. Ununterbrochen wird ge-irischt, sprich: irische Stereotypen im deutschen Anstrich werden in magerem Klamauk und billigen Posen in teutonischer Häßlichkeit herausgeplärrt. Daß dabei augenscheinlich noch Niveau erstrebt ist, macht die Angelegenheit erst wirklich schmerzlich. tlb