Streit um das grüne Veto

■ Grüne haben Veto angekündigt / Senatskanzlei: Hemelinger Marsch ist nicht vetofähig

“Wer jetzt versucht, sich mit exegetischen Spitzfindigkeiten über ein grünes Essential hinwegzusetzen, der legt die Lunte an die Koalition.“ Der grüne Umweltsenator Ralf Fücks hatte gestern die Senatskanzlei im Kopf, als er diese Worte sagte. Im Kampf um die Zukunft der Hemelinger Marsch hat Wirtschaftssenator Claus Jäger (FDP) in der Ampel einen mächtigen Verbündeten bekommen: Die Senatskanzlei.

Soll die Hemelinger Marsch Naherholungsgebiet bleiben oder Gewerbegebiet werden? Aus dem Dauerclinch zwischen Umweltsenator Fücks und Wirtschaftssenator Claus Jäger ist ein flotter Dreier geworden. Kaum hatte der grüne Fraktionsvorsitzende Dieter Mützelburg am Donnerstag schriftlich das Veto der Grünen in der Frage der Marsch angekündigt, sezierten die Hausjuristen der Senatskanzlei den Koalitionsvertrag und stellten fest: Die Entscheidung, ob die Marsch Gewerbegebiet wird oder nicht, ist nicht vetofähig.

„Zwei Koalitionspartner können den dritten nicht überstimmen, wenn dieser eine in den Koalitionsvereinbarungen nicht geregelte Frage zu einer Angelegenheit von besonderer Bedeutung erklärt.“ So lautet die Formulierung für das Veto in der Koalitionsvereinbarung. „Die Frage um den Technologiepark Umwelt ist aber Teil der Koalitionsvereinbarung“, erklärte Senatssprecher Klaus Sondergeld gestern. Dort sei geregelt, daß zunächst ein Rahmenplan aufgestellt und dann über die Frage einer gewerblichen Nutzung entschieden werde. Der Fahrplan sei also im Koalitionsvertrag festgelegt. „Nach Meinung der Juristen unseres Hauses ist diese Frage deshalb nicht vetofähig“, sagte Sondergeld.

Dienstag soll das Thema Hemelinger Marsch auf die Tagesordnung des Senats. Dazu liegt aus dem Ressort Umwelt der Rahmenplan vor. Darin sind zwei Varianten beschrieben. Variante 1: Erhaltung der Marsch und Weiterentwicklung als Naherholungsgebiet. Variante 2: Nutzung als Gewerbefläche. Für beide Varianten sind Beschlußvorschläge im Rahmenplan enthalten.

Wie man jetzt aber um die neue Fußangel herumkommt, die die Senatskanzlei ausgelegt hat, ist völlig unklar. Dieter Mützelburg erklärte gestern nachmittag: „Ich bin derzeit noch völlig ratlos, aber die sollen sich über's Wochenende gut überlegen, mit wem sie regieren wollen.“ Möglicherweise finden zu Pfingsten noch diverse Treffen statt, auf die der Heilige Geist mit seiner reinigenden Kraft auf die Koalitionäre herniederfahren möge. „Wenn sich abzeichnet, daß es zu einer Senatsentscheidung kommen soll, ist das nicht auszuschließen“, meinte Fücks gestern. Allerdings ist der FDP- Fraktionsvorsitzende Heinrich Welke bis Mittwoch nicht in der Stadt, so daß der Koalitionsausschuß mit Sicherheit unvollständig bliebe über Pfingsten. Vielleicht wird es vor der Senatssitzung auch noch ein Spitzengespräch zwischen Senatspräsident Wedemeier und den Ressortschefs Umwelt und Wirtschaft kommen.

Dem Vernehmen nach hat sich die Konferenz der Staatsräte am Freitag für eine gewerbliche Nutzung der Marsch ausgesprochen. In dem von der Senatskanzlei vorgelegten Vorschlag heißt es, daß der Senat den Umweltsenator auffordert, „einen verbindlichen Rahmenplan für die entwicklung eines Umwelttechnologieparks vorzulegen“. Versehen mit zwei Protokollnotizen der Staatsräte Haller (Wirtschaft) und Lahl (Umwelt). Haller gab zu Protokoll, daß die Bauleitplanung für die Marsch sofort eingeleitet werden soll, Lahl erklärte, daß die Grünen eine Entscheidung über die Marsch „zu einer Angelegenheit von besonderer Bedeutung“ machen wollen. mad