■ Bonn-apart
: So schön ist Bonn

Bonn (taz) – Bei den Bonnern ist Bonn sehr beliebt, und um keinen Preis der Welt möchten sie umziehen – etwa nach Berlin. Das ist gut verständlich angesichts der vielen Vorteile eines Lebens in Bonn.

Ein Beispiel: Anders als im ungemütlichen Berlin ist die Gefahr gering, daß die Nachtruhe durch im Erdgeschoß des eigenen Wohnhauses situierte Straßencafés und Gartenrestaurants gestört wird. Es gibt kaum welche, und gibt es welche, so bieten sie entweder keine akzeptable Küche oder keine trinkbaren Weine oder keines von beiden. Eindeutig ein Segen für Menschen, die gerne mit den Hühnern ins Bett gehen.

Hoch zu loben sind auch die drei vorzüglichen Autobahnen, über die sich in etwa dreißig Minuten Köln erreichen läßt, wo es allerdings – bedauerlicher Nachteil– mehr Straßencafés und weniger Nachtruhe gibt.

Weiter zu nennen wäre Bonns langgestrecktes Weichbild entlang des Rheins. Es erlaubt es, Bonn von praktisch allen Stellen des Stadtgebietes aus rasch zu verlassen und in die reizvolle grüne Umgebung einzutauchen. Dort läßt es sich ausgezeichnet so lange radfahren oder spazierengehen, bis man müde genug ist, um anschließend mit den Hühnern ins Bett zu gehen.

Ruhe und Gelassenheit zeichnen den Bonner aus. Wird die Ruhe gestört – etwa wie am Mittwoch durch Demonstranten, die das Regierungsviertel blockieren –, ist der Bonner verständlicherweise empört. So wie der sich ansonsten scharf links gebende, rheinisch-gelassene Journalist, der den Polizeipräsidenten beschimpfte, weil der ihm keinen Weg durch die Menschenmauer freigekämpft hatte. Von rheinischer Gelassenheit hat der Polizeipräsident halt keine Ahnung: Er kommt aus Westfalen.

So viele Pluspunkte für Bonn! Da fällt das Eingeständnis eines klitzekleinen Defizits nicht schwer, das ein hiesiger Taxifahrer so formulierte: „Die Bonner kommen nicht über die Ampel!“ schimpfte er. „Das liegt an den 20.000 Beamten. Die prägen den Fahrstil.“ Schalte die Bonner Ampel auf Grün, träume der Bonner Autofahrer noch ein Minütchen von der nächsten Beförderung, entdecke darauf das grüne Licht, suche den Schaltknüppel, schalte – und fahre bald darauf los.

Für Taxifahrer ein Pech. Für den, der Bonn rasch verlassen möchte, ebenfalls. Aber – siehe oben – wer will das schon. Hans-Martin Tillack