Dieses Schiff ist besetzt!

■ Aktion im Peenemünder Hafen: Bürgerrechtler wollen Export von 39 ehemaligen NVA-Schiffen nach Indonesien verhindern / Schiffe bemalt, Elektronik vernichtet

Peenemünde (dpa/taz) – An Bord von Kriegsschiffen protestierten am Pfingstwochenende Bürgerrechtler im Peenemünder Hafen gegen den geplanten Rüstungsexport nach Indonesien. Im Laufe ihrer Protestaktion besetzten die Demonstraten mehrere Marineschiffe der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und bemalten sie teilweise. In einem Schiff wurde die Elektronik in Funkräumen und Kommandostellen zerstört. Nach Angaben der Behörden entstand ein Sachschaden von einer halben Million Mark.

Die Demonstranten wiesen diese Zahl als übertrieben zurück. Die Besetzung dauerte gestern nachmittag noch an.

Mit der Besetzungsaktion wenden sich die Bürgerrechtsgruppen gegen den Verkauf von 39 Schiffen nach Indonesien, darunter Raketenschnellboote, Minensuch- und -räumschiffe und U-Boot-Jäger. Entgegen früherer Zusicherungen, die Boote zu verschrotten, hatte das Bonner Verteidigungsministerium die ehemaligen NVA- Kriegsschiffe für 1,1 Milliarden Dollar an Indonesien verkauft. Zur Zeit liegen sie in der Wolgaster Werft, um sie, wie die Demonstranten fürchten, nach einer technischen Überholung mit us- amerikanischen Waffen aufzurüsten.

Den Protest gegen diesen Rüstungsexport organisiert eine Gruppe namens „Timor und kein Trupp“. Der Name ist eine Anspielung auf die Symbolfigur „Timur“ der DDR-Jugendorganisation Junge Pioniere, erklärte ein Sprecher der Demonstranten. Außerdem wolle man durch das Wortspiel in Erinnerung bringen, daß durch die indonesische Regierung auf Ost-Timor Minderheiten unterdrückt werden. Trotz der ständigen Hinweise von Organisationen wie amnesty international, daß in Indonesien Folter, Mißhandlungen und Verbot oppositioneller Tätigkeit auf der Tagesordnung stehen, habe der Bundessicherheitsrat bescheinigt, das Land sei kein Krisengebiet. Daraufhin konnte dann die Genehmigung für den Kriegsschiffexport erteilt werden. Darüber hinaus sollen drei weitere, neue U-Boote von der Howaldt Deutsche Werft AG Kiel geliefert werden. Die Regierung Portugals habe offiziellen Protest eingelegt und auch vom Europarat läge eine gegen dieses Waffengeschäft intervenierende Empfehlung vor.

Da bisherige Proteste die Bundesregierung nicht von ihrem Vorhaben abgebracht hätten, würden jetzt Aktionen vor Ort durchgeführt. Gestern hielten nach Angaben der Polizei die Demonstraten weiterhin eines der fünf dort liegenden Kriegsschiffe besetzt. Die Lage sei aber ruhig. Aus dem Schweriner Innenministerium verlautete, daß eine gewaltsame Räumung vorerst nicht beabsichtigt sei. Es werde auch versucht, aus dem Bonner Verteidigungsministerium einen Gesprächspartner für die Verhandlungen mit den Besetzern zu gewinnen.

Nach Angaben der Bürgerrechtler wird auf eine Antwort von der für die Ausfuhr von Militärtechnik zuständigen Bonner Behörde gewartet, die diese Genehmigung noch nicht erteilt habe. Solange wollten sie auf jeden Fall auf dem Schiff bleiben. Ihr Ziel sei es, die Verschrottung der Kampfschiffe zu erzwingen.

Bündnis 90/ Die Grünen haben das Anliegen der Rüstungsgegner unterstützt. Der bevorstehende Export der Schiffe sei nicht nur wegen der Menschenrechtssituation in dem südostasiatischen Staat zu verurteilen, sondern auch aus grundsätzlichen Erwägungen, erklärte der Bundesvorstand von Bündnis 90/ Die Grünen.

Es sei zu befürchten, daß durch die Ausfuhr dieser Schiffe weiteren Rüstungsexporten aus Deutschland Tür und Tor geöffnet werde. Als Beispiel wurde auf den Streit um die vom Bundestag gestoppten U-Boot-Lieferungen an Taiwan verwiesen. Mit deutschen Waffen aus NVA-Beständen sei bereits genug Blut vergossen worden.