Rheinalarm nach Störfall bei der BASF

■ Krebserregendes Nitrobenzol floß am Mittwoch aus einem Auffangbecken bei Ludwigshafen in den Fluß / Der Unfall wurde erst nach mehreren Stunden entdeckt

Frankfurt/Main (taz) – Die Störfallserie bei der Hoechst AG findet ihre Fortsetzung bei der Konkurrenz. Wie am späten Mittwochnachmittag bekannt wurde, kam es nach einem technischen Defekt an einer Steuerungseinrichtung einer Produktionsanlage des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen zu einer Verseuchung des Rheins mit dem krebserregenden Lösungsmittel Nitrobenzol. Rund drei Tonnen Nitrobenzol sollen nach Angaben von BASF über Abwasserkanäle in den Rhein gelangt sein.

Erste Messungen der BASF ergaben eine Konzentration von 0,03 Milligramm Nitrobenzol pro Liter Rheinwasser. Die Werkschemiker halten erst eine Konzentration von 1 Milligramm für kritisch. Bei einer solchen Dosis würde etwa die Hälfte aller Fische im Rhein eingehen.

In Mainz und Wiesbaden stoppten die Stadtwerke am Mittwoch für vier Stunden die Rheinwasserentnahme – alleine über die Wasserwerke Wiesbaden beziehen rund eine halbe Million Menschen ihr Trinkwasser aus dem Rhein. Wie der Sprecher der Wiesbadener Stadtwerke, Krämer, auf Nachfrage mitteilte, habe die BASF zugegeben, daß bereits am Dienstag Nitrobenzol in ein sogenantes Auffangbecken ausgelaufen sei. Von dort sei dann die Giftfracht am Mittwoch ab 1 Uhr nachts in den Rhein gelangt.

Rheinalarm wurde allerdings erst am Mittwoch nachmittag ausgelöst. Die Wiesbadener Stadtwerke schließen aus, daß sie zwischen 1 Uhr und dem Wasserentnahmestopp verseuchtes Rheinwasser aufgearbeitet haben könnten. Sprecher Krämer: „Bei der Fließgeschwindigkeit des Rheins hat die Giftfracht in dem fraglichen Zeitraum noch nicht Wiesbaden erreicht.“ Rheinwasseraufbereitungsanlagen existieren allerdings auch in Städten und Gemeinden zwischen Ludwigshafen und Wiesbaden.

Für Nitrobenzol wurde die Karzinogenität in Tierversuchen nachgewiesen. Das Produkt gilt als „wassergefährdend“ – auch wenn es, wie die BASF behauptet, „biologisch abbaubar“ sein soll. Der Rheinalarm wurde auch gestern noch nicht aufgehoben. Für heute haben die Stadtwerke Wiesbaden neue Probeentnahmen angekündigt. Klaus-Peter Klingelschmitt