Laster verbieten!

■ Anwohnerin der Schwachhauser Heerstraße klagt gegen die Stadt / Urteil steht noch aus / „Grenzwerte einhalten"

Frau S. wacht nachts dauernd auf, und sie hat seit einigen Jahren eine chronische Bronchitis. Frau S. ist aber nicht alt, sondern wohnt seit 46 Jahren an der Schwachhauser Heerstraße, gleich hinter dem Concordia- Tunnel. Dort donnern täglich rund 32.000 Lkw, Busse und Pkw vorbei. Frau S. reicht es. Sie verklagte nun die Stadt, dort gegen die Erschütterungen ein Verbot von Lkw über zwölf Tonnen zu erlassen, gegen den Lärm die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde zu senken und die Höchstgrenzen für Luftschadstoffe einzuhalten.

Die Stadt hält nichts von diesen Vorschlägen. Gestern nun brütete das Verwaltungsgericht über diesem Fall. Gekommen waren nicht nur Frau S. und ihr Prozeßbevollmächtigter, sondern die ganze Creme der Straßenbau-Behörde. Eine Entscheidung mochte das Gericht noch nicht fällen, möglicherweise muß erst noch der Luftschadstoffgehalt auf dem Grundstück der Klägerin gemessen oder ein Gutachter befragt werden.

In aller Deutlichkeit jedoch hat das Verfahren die Fronten und ihre Argumente aufgezeigt. Zwar wies Richter Kliese darauf hin, daß es sich nicht um einen politischen Prozeß, sondern um eine Einzelfallentscheidung handele, doch im Verlauf des Vormittags wurde ihm die Tragweite einer solchen Einzelfallentscheidung klar.

Die Behördenvertreter malten die Konsequenzen einer Verkehrsberuhigung, gar Teilsperrung in der Schwachhauser Heerstraße in aller Kraßheit aus: Die Autos würden in die Bismarckstraße ausweichen, die ja auch schon genug gebeutelt sei vom Verkehr; oder die Lkw würden über Osterdeich, Stader Straße und Kirchbachstraße eine Sperrung umfahren. Außerdem: Wenn man was für die AnwohnerInnen der Schwachhauser Heerstraße tue, müsse man auch den Bismarckstraßen- AnwohnerInnen das Leben erleichtern, sagte Gerd-Axel Ahrens, oberster Bremer Verkehrsplaner. Er sah schon Berge von Einwendungen der AnwohnerInnen.

Richter Kliese daraufhin sehr nachdenklich: „Wird hier nicht vom Gericht verlangt, die gesamte Planung einer Großstadt zu überprüfen?“ Doch von solch einem Argument ließen sich Klägerin und Anwalt nicht beeindrucken: Man könne doch nicht der Klägerin vorhalten, daß eine Einzelfallentscheidung nicht möglich sei, nur weil diese Entscheidung gesamtgesellschaftliche Konsequenzen habe. „Wir wollen doch nur die Einhaltung der Grenzwerte“, sagte der Anwalt schon fast verzweifelt.

Doch auch um die Grenzwerte gibt es Streit: Unklar ist offenbar bundesweit, welche Grenzwerte für den Schadstoffausstoß durch den Autoverkehr zu gelten haben. Da gibt es zwar die Technische Anleitung Luft, doch die gilt bislang nur für den Schadstofferzeuger Industrie. Anwalt Andreas Reiche ist sich ziemlich sicher, daß nach dieser Meßlatte die Luftverschmutzung in der Schwachhauser Heerstraße erheblich über dem zulässigen Wert liegt.

Wie könnte man die Situation in der Schwachhauser Heerstraße wenigstens vorläufig verbessern - bis nämlich das gesamtbremische Verkehrsgutachten vorliegt? Die Stadt blockte jeden Kompromißvorschlag des Richters und der Klägerin ab: Nein, keine Gewichtsbeschränkung für Lkw, keine Lkw-Beschränkung in der Nacht. cis