Schüsse im Schanzenviertel

■ Neonazis in Hamburg festgenommen

Hamburg (taz) – Der Rechtsradikale Henry Fiebig schoß mit Leuchtspurmunition auf Autonome, die am Freitag abend vor seiner Wohnung demonstrierten und versuchten, sie zu stürmen. Auf dieselbe Art empfing er später auch die Polizei.

Zuvor kursierte im Hamburger Schanzenviertel ein Flugblatt, in dem darauf hingewiesen wurde, daß Henry Fiebig in einen Neubau neben der Roten Flora gezogen ist. Daraufhin hatten sich rund 300 linke Türkinnen und Autonome mit dem Ruf „Nazis raus!“ vor dem Haus versammelt. Fiebig, der sich mit einem Gesinnungsgenossen in seiner Wohnung im dritten Stock befand, verschanzte sich mit einem abgesägten Schrottgewehr und einer Gaspistole auf dem Balkon.

Fiebig gilt als Kader der faschistischen „Nationalen Offensive“ (NO). Mehrfach war er mit dem Ex-Funktionär der „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP), Christian Scholz, gesehen worden. Fiebig werden auch enge Kontakte zu dem Neonazi Willi Wegner nachgesagt, der 1987 einen Trupp von 60 militanten Neonazis angeführt hatte, die den „verbrecherischen Umtrieben des Marxismus, insbesondere in der Hafenstraße“, ein Ende bereiten wollten. Seit April 1991 ist Wegner Vizeboß der NO.

Die Polizei mußte sich nach Fiebigs Schüssen am Freitag abend zunächst zurückziehen und auf das Eintreffen des Mobilen Einsatzkommandos warten. Polizeisprecher Jens Buck: „Es ist direkt auf die Kollegen gezielt worden.“ In der Zwischenzeit verbrannnte Fiebig diverse Akten, die sich in seiner Wohnung befunden haben. Als Fiebig und seine Kumpane nach zwei Stunden von Polizisten in kugelsicheren Westen abgeführt wurden, hatte diese alle Mühe, sie durch die aufgebrachte Menge zu geleiten. Beide wurden nach ED- Behandlung wieder auf freien Fuß gesetzt. Peter Müller