Comeback in Baku

■ Ehemaliger KP-Chef Alijew profiliert sich als Retter Aserbaidschans

Baku (AFP/taz) – Der frühere aserbaidschanische KP-Chef Geidar Alijew verhandelt seit Sonntag mit den Rebellen um Militärführer Surat Gussejnow in der west-aserbaidschanischen Stadt Gjandźa. Ziel der Verhandlungen sei die Beilegung der politisch-militärischen Führungskrise des Landes, sagte Alijew nach Angaben der russischen Agentur ITAR-TASS. Der frühere Armeegeneral Gussejnow hatte am 4. Juni in Gjandźa, der zweitgrößten Stadt der Kaukasus-Republik, geputscht und die Macht übernommen, nachdem er von Präsident Abulfaz Eltschibej seines Postens enthoben worden war. Bei dem Versuch von loyalen Regierungstruppen, ihn zu entwaffnen, waren 70 Menschen getötet und 200 weitere verletzt worden.

Inzwischen kontrollieren Gussejnows Einheiten weite Teile im Westen des Landes entlang der Bahnlinie von Gjandźa nach Schewlach. Offenbar erfreuen sie sich auch der indirekten Unterstützung Rußlands, da der aserbaidschanische Nationalist Eltschibej seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr eine betont antirussische Politik betreibt. Die Einheiten der Rebellen, die am Sonntag von Gjandźa aus in Richtung der Hauptstadt Baku aufgebrochen waren, um ihre Forderung nach Absetzung von Präsident Eltschibej durchzusetzen, stoppten am Montag offenbar ihren Vormarsch. Die Rebellen wollten zunächst das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Alijew und Gussejnow abwarten, hieß es in dem Bericht von ITAR-TASS.

Allerdings setzten sie in den Straßen Gjandźas ihre Kundgebungen mit den Forderungen nach Eltschibejs Rücktritt und einer Dringlichkeitssitzung des Parlaments in Baku fort.

Alijew war kurz nach dem Aufstand von Präsident Eltschibej als neuer aserbaidschanischer Ministerpräsident ins Spiel gebracht worden, offenbar in der Hoffnung, seine eigene Position zu retten. In der Zeit des früheren sowjetischen KP-Chefs Leonid Breschnew war Alijew 13 Jahre lang Generalsekretär der aserbaidschanischen Kommunisten. Danach gelangte er kurzfristig an die Spitze des KGB und wurde Mitglied des Politbüros, bis Gorbatschow ihn 1989 abservierte. Zur Zeit ist Alijew Chef der aserischen Exklave Nachitschewan. In der vergangenen Woche nahm er mit Präsident Eltschibej Verhandlungen über die Einrichtung eines Staatsrats auf, dem die Ministerien für Verteidigung, Inneres und Sicherheit sowie das Außenministerium unterstellt werden sollten.

Im Krieg zwischen Aserbaidschan und den Armeniern in Berg-Karabach erzielten die armenischen Verbände unterdessen wegen der Krise in Aserbaidschan weitere Erfolge. Die Armenier setzten ihre Angriffe auf das Hauptquartier der aserbaidschanischen Armee in der Stadt Agdam fort, bestätigte das Verteidigungsministerium in Baku der Moskauer Nachrichtenagentur Interfax. Agdam sei inzwischen auf drei Seiten von armenischen Einheiten eingeschlossen. Auch im Nordosten Karabachs wird wieder gekämpft. Dort halten aserbaidschanische Truppen die letzten Stellungen innerhalb Berg-Karabachs. Die militärische Niederlage Aserbaidschans ist der eigentliche Hintergrund für den Putsch Gussejnows, der zuvor das Kommando in Karabach führte. JG