■ Der populäre Konzertführer
: Wahl, Qual & Inchtabokatables

Der populäre Konzertführer

Wahl, Qual & Inchtabokatables

Es ist wie beim Fernsehprogramm: Entweder es gibt nichts Interessantes, oder es laufen drei hervorragende Sendungen zur gleichen Zeit.

Schon heute abend fällt die Wahl schwer. Wer auf hanseatischen Funkcore steht, kann zur Borax Acid Solution im Oxygene schwitzen. Die, die es angeht, feiern währenddessen stilecht das Ende des Schuljahres im Schlachthof bei der traditionellen School Out Party. Wie so oft versuchen Schülerbands von unterschiedlicher Qualität ihr Glück: Last Resort machen Noise Pop, Rock gibt es von den 2Days und die Boppin– Whoppers haben sich dem Rockabilly verschrieben. Ein Schmankerl: Das bereits vor zwei Jahren abgefeierte Duo Bruder und Schwester. Nach dem ebenso traditionellen, übereichlichen Sektgenuß dürfte es der Bremer Schülerschaft aber ohnehin egal sein, zu wem man gut gelaunt abtanzt.

Freitag scheint die Entscheidung eindeutig: Das gigantomanische Guns n– Roses-Konzert mit Verachtung strafen, schließlich kommt auch niemand auf die Idee, im Modernes Fußball zu spielen. Wegen der rassistischen Texte des Sängers Axl Rose ruft die Anti- Rassismus-Intiative des Asta mit dem Gags & Gore um 18.00 beim Sielwallfähranleger zur Demo auf, um gegen Kommerz und Rassismus im Alltag demonstrieren. Danach kann mensch ja immer noch ins Römer tapern, um den leicht pathetischen, aber harmlosen Klängen des gitarrenrockenden Düstermanns Andreas Bruhn zu lauschen. Dereinst war der Hamburger mit den Sisters of Mercy unterwegs, nun versucht es der Gitarrist unter dem einfallsreichen Pseudonym Broon alleine.

Bevor es dann die Woche über ganz, ganz finster aussieht, bleibt einem Samstag noch die Qual der Wahl. Die Inchtabokatables haben sich mit ihrem Mix aus Folk-Punk und Mittelalter schon einen gewissen Kultstatus erspielt; das Konzert des ostdeutschen Quintetts im Schlachthof dürfte ein eindrucksvoller Beweis dafür sein, daß Bands auch ohne Gitarre interessant sein können.

Der Fünfer setzt stattdessen auf Cello, Violine, Bass und Schlagwerk. Ein heißer Tip sind auch die Lokalhelden Lyrical Poetry, deren erste CD gerade erschienen ist: Modernster Hip Hop, gespickt mit innovativen Samples und einem Hauch Pop, Samstag im Römer. Schade, daß es für Konzerte keine Fernbedinung zum Zappen gibt.

Es lohnt sich erst wieder am nächsten Mittwoch, den heimischen Herd zu verlassen: Hikashu feat. Dr. Umezu zählen zu den innovativsten Köpfen Japans. Die schnellen Fingern des saxophonspielenden Doktors dominieren das Gebräu aus Avantgarde, Jazz und Performance im Kito; vieleicht etwas wild für Jazzpuristen. L.R.