■ Gastkommentar
: Klientelbedienung

Hemmungslos wird in der gegenwärtigen Schulpolitik Klientelbedienung betrieben wie noch zu keiner Zeit vorher, beispielsweise mit dem Expreßabitur für diejenigen, denen es am normalen Gymnasium zu voll geworden ist. Die Europa-Schulen – prinzipiell als Öffnung der Schulen für eine europäische Entwicklung zu begrüßen – verpassen allerdings mit der Senats-Konzeption diese Aufgabe. Die Internationalität einer Schule erweist sich zuerst daran, wie sie mit den hier lebenden ausländischen Kindern umgeht. Diesen ist der Erwerb ihrer Muttersprache auch in der Berliner Schule zu ermöglichen. Der bisherige Schulversuch zur zweisprachigen Erziehung muß auch für andere Sprachen in das Regelangebot aufgenommen werden. Der jämmerliche Streit darum und das fehlende Gesamtkonzept machen die Europa-Schulen wesentlich zum Mittel, deutschen Kindern unter Zuhilfenahme von ausländischen den Fremdsprachenerwerb zu erleichtern. Die Stundentafelkürzungen waren nicht durchdacht und dienten fast ausschließlich der pädagogischen Verschlechterung durch Kürzung von Förder- und Teilungsstunden.

Auf die Veränderung jugendlicher Lebensverhältnisse, veränderten Sozialisationsbedingungen will die CDU perspektivisch mit der Einführung von Religion und Ethik als Pflichtfach reagieren. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, als würden sich Werte in Bewußtsein und Verhaltensweisen quasi durchstellen lassen. Das ähnliche Prinzip wird bei dem Vorschlag, die demokratischen Wahlmöglichkeiten der Schulleitung durch die Gesamtkonferenz abzuschaffen, verfolgt. SchulleiterInnen sollen durch die Dienstbehörde ernannt werden können. Diesen Maximen folgte die DDR-Pädagogik, offenbar hält die CDU gerade dies für bewahrenswerte Kulturgüter. Die Berliner Schule hat andere Veränderungen nötiger: Die Schule muß für Kinder und Jugendliche zum Lebensraum werden, in dem sie gefördert werden und ihnen Selbstvertrauen und Kompetenz für die selbständige Bewältigung der Lebensaufgaben vermittelt werden. Nicht Defizitbeschreibung und Auslese können dies bewirken, sondern die positive und demokratische Gestaltung des Zusammenlebens aller Beteiligten in der Schule. Sybille Volkholz

Die Autorin ist Mitglied des Bündnis 90/Grüne.